12.05.2020

Ägypten: Haft verlängert

Rami Kamil setzt sich für den Schutz der christlichen Minderheit vor Gewalt ein

London/Frankfurt am Main (idea) – In Ägypten muss der christliche Menschenrechtsaktivist Rami Kamil 45 weitere Tage in Haft bleiben. Das meldet die Menschenrechtsorganisation „Christian Solidarity Worldwide“ (CSW/London). Die Entscheidung sei am 4. Mai in Abwesenheit Kamils und seiner Anwälte gefallen, die mittlerweile Haftbeschwerde eingelegt hätten. Zum Hintergrund: Kamil gehört der koptisch-orthodoxen Minderheit in Ägypten an und ist Koordinator der christlichen Menschenrechtsgruppe „Maspero Youth Union“. Am 23. November 2019 wurde er festgenommen. Die Behörden werfen dem Schneider vor, einer terroristischen Vereinigung beigetreten zu sein, diese finanziert, den öffentlichen Frieden gestört und seine Mitbürger gegen den Staat aufgebracht zu haben. Außerdem habe Kamil Spannungen zwischen Christen und Muslimen geschürt. Seine Anwälte halten den Sicherheitskräften vor, ihn gefoltert zu haben. Zudem hätten die Sicherheitsbehörden im März 2020 mit Drohungen und Schikanen Druck auf seine Freunde, Anwälte und Unterstützer ausgeübt. Seine Organisation gründete der 33-Jährige in der Folge des Massakers vom Masperoplatz im Oktober 2011. Dabei hatten ägyptische Soldaten zwei Dutzend friedliche Demonstranten getötet, die sich gegen die Zerstörung einer Kirche in Oberägypten gewandt hatten. Kamil setzt sich für die Gleichberechtigung der christlichen Minderheit in Ägypten sowie einen wirksameren Schutz derselben vor extremistischer Gewalt ein. Nach Ansicht der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM/Frankfurt am Main) entbehren die Vorwürfe gegen ihn jeglicher Grundlage. Zusammen mit der Evangelischen Nachrichtenagentur idea hatte sie Kamil im Februar 2020 als „Gefangenen des Monats“ benannt und dazu aufgerufen, sich für die Freilassung des Christen einzusetzen und für ihn zu beten.

EU-Abgeordneter übernimmt Patenschaft für Kamil

Die erneute Verlängerung der Haftzeit Kamils macht dem Vorstandssprecher der IGFM, Martin Lessenthin, große Sorge. Im Falle Kamils handele es sich um kein rechtsstaatliches Verfahren, sagte er idea. Es habe auch bislang keinen Prozess oder Urteil gegeben. Vielmehr befinde sich der junge Ägypter in einer Präventivhaft. Sie werde in vielen Unrechtsstaaten immer dann eingesetzt, wenn die Behörden befürchteten, dass die Person etwas in ihren Augen Unerlaubtes tun könnte. Wie lange Kamil tatsächlich noch in Haft verbringen muss, ist laut Lessenthin völlig offen: „Nach ägyptischem Recht darf ein Inhaftierter eigentlich nur 45 Tage in Haft bleiben. Danach muss die Zustellung der Anklageschrift erfolgen.“ Das sei bei dem jungen Mann, der schon mehr als vier Monate hinter Gittern sitze, nicht erfolgt. Umso wichtiger sei es, dass die internationale Gemeinschaft sich für solche Gefangenen einsetze und sie so vor dem Vergessenwerden und damit drohender Willkür schütze. Darum freue er sich besonders darüber, dass der Europaabgeordnete Jan-Christoph Oetjen (FDP) nun mit Vermittlung der IGFM am 8. Mai eine politische Patenschaft für den christlichen Menschenrechtler übernommen hat. Rund 90 Prozent der etwa 102 Millionen Einwohner Ägyptens sind Muslime. Die schätzungsweise bis zu zehn Millionen orthodoxen Kopten bilden die größte Kirche.