12.05.2020

Deutschland: Kein Disziplinarverfahren gegen Olaf Latzel

Das fordern 14.000 Unterzeichner - Theologiestudent schickt Unterschriftenliste an die Bremische Evangelische Kirche

Bremen/Bergneustadt (idea) – Über 14.000 Unterzeichner fordern in einer Petition die Bremische Evangelische Kirche auf, kein Disziplinarverfahren gegen den evangelikalen Pastor der St.-Martini-Gemeinde, Olaf Latzel (Bremen), zu eröffnen. Die am 2. Mai gestartete Petition läuft noch sieben Wochen. Dennoch hat der Initiator, der Theologiestudent Jonas Eberhardt (Bergneustadt bei Gummersbach), jetzt eine Zwischenbilanz an das Leitungsgremium der Kirche, den Kirchenausschuss, geschickt. Der Anlass: Auf seiner nächsten Sitzung am 14. Mai will der Kirchenausschuss darüber entscheiden, ob ein Disziplinarverfahren gegen Latzel eingeleitet wird.

Latzel: Kirche wurde wiederholt Ziel von Übergriffen

Zum Hintergrund: Der 52-jährige Theologe hatte in einem Eheseminar im Oktober 2019 in seiner Gemeinde, das auf YouTube veröffentlicht wurde, auch über Homosexuelle gesprochen. Dabei sagte er unter anderem: „Überall laufen diese Verbrecher rum vom Christopher Street Day.“ Für die Verwendung des Wortes „Verbrecher“ entschuldigte er sich später öffentlich. Er habe sich damit nicht auf homosexuell lebende Menschen bezogen, „sondern auf militante Aggressoren, die uns als Gemeinde in den letzten Jahren immer wieder angegriffen und gotteslästerlich diffamiert haben“. Die Audio-Datei mit seinen Äußerungen wurde inzwischen auf YouTube gelöscht. Der Staatsschutz hat Ermittlungen gegen Latzel wegen „Volksverhetzung“ aufgenommen. Gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur idea verwies Latzel darauf, dass seine Gemeinde seit Jahren Ziel von Anfeindungen geworden sei. Die Kirche sei beschmiert, sein Auto beschädigt, Gottesdienste gestört und Besucher zum Kirchenaustritt aufgerufen worden. Er selbst habe zwei Morddrohungen erhalten. Die Übergriffe seien angezeigt worden.

 

Initiator: Verfassung gewährt Glaubensfreiheit

Wie Eberhardt, der an der Biblisch-Theologischen Akademie des Forums Wiedenest (Bergneustadt) studiert, in einem Brief an die bremische Kirchenleitung schreibt, „kann ein Disziplinarverfahren ausschließlich bei Dienstvergehen, schwerwiegenden Verletzungen des Dienstrechts und strafrechtlichen Verurteilungen eingeleitet werden“. Solche Verstöße lägen bei Latzel nicht vor. Wenn die Kirche aufgrund der theologischen Orientierung von Latzel dieses Verfahren anstrebe, „dann sollte sie auch den Mut haben, dies zu äußern“. Wenn sie, so Eberhardt, Latzels unglückliche Wortwahl nutze, um einen unbequemen Kritiker und Theologen loszuwerden, verstoße sie gegen ihre selbst gegebenen Maßstäbe. Denn die Verfassung der Kirche gewähre den Gemeinden und damit auch ihren Pastoren Glaubens-, Gewissens- und Lehrfreiheit. Eberhardt: „Damit würde sich die Kirche zugleich als zutiefst intolerant offenbaren“ und dann gegen das eigene Bekenntnis verstoßen.

Kritik auch vom EKD-Ratsvorsitzenden

Kritik an der Haltung Latzels hat unterdessen der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm (München), geübt. Gegenüber dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ erklärte er: „Die Aussagen von Olaf Latzel sind unerträglich.“ Jesus stehe für eine radikale Menschenliebe: „Sie ist das genaue Gegenteil der Intoleranz, die aus den Worten von Olaf Latzel spricht.“