17.08.2012
Deutschland: Vorurteile über Religionsunterricht
Konsistorialpräsident: Keine „Betschule“ – Schüler werden nicht indoktriniert
Deutschland: Vorurteile über Religionsunterricht
Konsistorialpräsident: Keine „Betschule“ – Schüler werden nicht indoktriniert
Berlin (idea) – Der Religionsunterricht ist wie kaum ein anderes Fach geeignet, Schülern zu helfen, ein verantwortungsbewusstes Leben zu führen und eine eigene Identität zu finden. Diese Ansicht vertrat der Konsistorialpräsident der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Ulrich Seelemann, bei einem Schuljahresempfang am 16. August in Berlin. Seelemann zufolge gibt es aber in der Bevölkerung viele Vorurteile gegenüber dem Religionsunterricht. So werde er von manchen fälschlich als „Betschule“ oder Ort der „Indoktrination“ gesehen. Seelemann: „Sieht man heute einmal ins Internet oder in Leserbriefspalten, so bekommt man den Eindruck, dass zunächst ein Unterricht über den Religionsunterricht notwendig ist, um solche Vorurteile auszuräumen.“ Laut Seelemann hat der Religionsunterricht in Berlin und Brandenburg einen „deutlichen Bildungszuwachs“ gebracht. Es würden zudem mehr Schüler erreicht als der evangelischen Kirche angehören.
Schule ist kein Missionsfeld
Laut Oberkonsistorialrat Steffen-Rainer Schultz (Berlin) gehört es nicht zu den Anliegen des evangelischen Religionsunterrichts, die Schule als Missionsfeld zu nutzen. Vielmehr sollten die Kinder religiöse Kompetenzen erwerben, ohne sich dazu bekennen zu müssen. Schultz: „Dabei werden sie zugleich dem Ernstfall begegnen: Der Religionslehrkraft, die von sich sagen kann und wird: Ja, ich glaube und ich sage euch auch warum!“ Es wäre problematisch, wenn Religionslehrer erklärten: „Selber glauben kann und will ich nicht, was ich Euch über den Glauben vermittle.“ Ein solcher Unterricht könne keinen Anspruch darauf erheben, das Gespräch zu fördern, so Schultz.
Jeder fünfte Schüler besucht evangelischen Religionsunterricht
In Berlin ist der Religionsunterricht kein ordentliches Lehrfach, sondern ein freiwilliges Angebot. Seit 2006 wird das Pflichtfach Ethik ab der siebten Klasse unterrichtet. Religionsunterricht oder die „Humanistische Lebenskunde“ können zusätzlich besucht werden. 2009 forderte die Initiative „Pro Reli“, Religionsunterricht und Ethik gleichzustellen. Ein Volksentscheid dazu scheiterte. Etwa 113.000 der 540.000 Schüler in Berlin und Brandenburg nahmen im vergangenen Schuljahr am Religionsunterricht teil. Das Fach „Humanistische Lebenskunde“ belegten etwa 52.000 Schüler, den katholischen Religionsunterricht 17.000 und den Islam-Unterricht 5.000.