31.08.2012

Deutschland: Angriff auf Rabbiner verurteilt

Muslime, Christen und Juden verurteilen Angriff auf Rabbiner - Zentralrat der Juden fordert von muslimischen Verbänden mehr Engagement

Deutschland: Angriff auf Rabbiner verurteilt

Muslime, Christen und Juden verurteilen Angriff auf Rabbiner -

Zentralrat der Juden fordert von muslimischen Verbänden mehr Engagement

 

Berlin (idea) – Muslime, Christen und Juden in Deutschland verurteilen antisemitische Gewalttaten. Anlass ist der Angriff auf den Rabbiner Daniel Alter in Berlin. Er war am 28. August im Stadtteil Schöneberg mit seiner sechs Jahre alten Tochter unterwegs und von vier mutmaßlich arabischen Jugendlichen schwer verletzt worden. Zudem wurde seine Tochter mit dem Tod bedroht. Der Rabbiner soll eine jüdische Kopfbedeckung, eine Kippa, getragen haben. Der Zentralrat der Muslime in Deutschland distanzierte sich von dem Überfall. „Solche Taten erzeugen bei Muslimen tiefste Abscheu“, erklärte der Vorsitzende des Dachverbands, Aiman Mazyek (Köln). Es bleibe zu hoffen, dass die Täter schnell gefasst und zur Rechenschaft gezogen würden. Juden und Muslime müssten den Dialog intensivieren, um Antisemitismus, Rassismus und Menschenfeindlichkeit zu bekämpfen. Die staatliche Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib) erklärte: „Aufs Schärfste verurteilen wir diese feige Tat. Gerade als von rassistischen Übergriffen betroffene Minderheit in Deutschland können wir die körperlichen und seelischen Verletzungen der Familie Alter nachempfinden.“ Rassistische Anfeindungen hätten in der muslimischen Religionsgemeinschaft keinen Platz. Man trete allen entgegen, die Hass und Feindschaft im Herzen tragen. Die Abstammung und religiöse Orientierung der Täter spiele bei der Beurteilung keine Rolle. Jede Form der Diskriminierung und Menschenfeindlichkeit sei abzulehnen.

EKD: Nicht mit Antisemitismus abfinden

Auch die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) verurteilte den Angriff. Ihr Pressesprecher, Reinhard Mawick (Hannover), sagte gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur idea, die Gesellschaft dürfe sich nicht mit antisemitischen Überfällen abfinden: „Wir freuen uns, dass es lebendige jüdische Gemeinden in unserem Land gibt. Dazu gehört natürlich auch, dass Menschen die Zeichen ihres Glaubens in der Öffentlichkeit gefahrlos tragen können.“

Bischof Dröge: Keine allgemeine Verurteilung von Muslimen

Der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Markus Dröge (Berlin), erklärte auf Anfrage von idea, der Überfall sei ein Ausdruck von Feigheit und religiöser Intoleranz. Dass die Täter mutmaßlich aus dem arabisch-muslimischem Umfeld stammen, dürfe aber nicht zu einer allgemeinen Verurteilung von Muslimen führen. Dröge: „Ich bin dankbar, dass auch der Zentralrat der Muslime keinen Zweifel daran lässt, dass Gewalt sich nicht auf einen Glauben an Gott berufen kann. Dass Rabbiner Daniel Alter sogar für möglich hält, den Tätern zu vergeben, sofern sie Reue zeigen, zeugt von menschlicher Größe, die von seinem Glauben getragen wird.“ Juden, Christen und Muslime müssten im interreligiösen Gespräch ein gemeinsames Verständnis von Toleranz gewinnen und sich gegen jede Form von religiös motivierter Gewalt aussprechen.

Zentralrat der Juden kritisiert muslimische Verbände

Unterdessen forderte der Zentralrat der Juden von muslimischen Verbänden mehr Engagement gegen Antisemitismus. „Worte des Mitgefühls sind schön und ehrlich gemeint. Aber Taten wären auch wichtig“, so Ratspräsident Dieter Graumann (Berlin). Er würde sich freuen, wenn die muslimischen Verbände sich „endlich entschlossener gegen den Antisemitismus in den eigenen Reihen wenden würden“. Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Gideon Joffe, erklärte, der Angriff sei kein Einzelfall, sondern Ausdruck eines wachsenden Antisemitismus: „Ich würde heute einem Juden nicht empfehlen, in jedem Stadtteil Berlins mit einer Kippa herumzulaufen.“ Nach Angaben des Jüdischen Forums für Demokratie und gegen Antisemitismus handelt es bei dem Opfer um den ersten Rabbiner, der nach dem Holocaust in Deutschland ordiniert wurde. Er sei schon früher auf offener Straße antisemitisch beleidigt worden. Wie die Berliner Polizei mitteilte, fragten die Täter ihr Opfer zunächst, ob er Jude sei. Die Berliner Staatsanwaltschaft ermittelt inzwischen wegen Körperverletzung und Beleidigung. Die Täter wurden noch nicht gefasst.