18.07.2012

Mali: Islamische Extremisten wüten im Norden

Deutsche Hilfswerke bitten Bundesregierung um Intervention

Mali: Islamische Extremisten wüten im Norden

Deutsche Hilfswerke bitten Bundesregierung um Intervention

Berlin/Bamako (idea) – Im Norden Malis haben islamische Extremisten die Macht übernommen – mit schrecklichen Folgen für die Bevölkerung. Sie wollen im ganzen Land das Religionsgesetz, die Scharia, durchsetzen und peitschen etwa unverschleierte Frauen aus. Ihre Brutalität richtet sich auch gegen Muslime, die nicht ihrer Form des Islam folgen. Vor den bewaffneten Extremisten fliehen Hunderttausende in Nachbarländer wie Mauretanien oder Niger. 22 deutsche Hilfswerke und Gruppen, die sich in dem westafrikanischen Land humanitär engagieren, haben jetzt in einem Offenen Brief Außenminister Guido Westerwelle und Entwicklungsminister Dirk Niebel (beide FDP) um Intervention zur Bewältigung der Krise gebeten. Zu den Unterzeichnern gehört auch die Allianz-Mission des Bundes Freier evangelischer Gemeinden mit Sitz in Dietzhölztal (Mittelhessen). Sie engagiert sich seit 1985 mit Gesundheitsdiensten, Brunnenbau, Landwirtschaft, Gemeindebau und theologischer Ausbildung in Mali, hat aber nach einem Putsch im März vorläufig alle Mitarbeiter abgezogen.

Wirren bereiten Islamisten den Weg

Damals hatten Militärs den Präsidenten Amadou Toumani Touré gestürzt. Aufgrund von Sanktionen und internationalem Druck gaben die Putschisten nach zwei Wochen die Macht wieder ab. Touré machte durch seinen Rücktritt den Weg frei für eine Übergangsregierung. Doch Tuareg-Rebellen, die dem im Oktober gestürzten und getöteten libyschen Diktator Muammar Gaddafi als Söldner gedient hatten, sowie radikal-islamische Gruppen nutzten die Wirren, um den Norden Malis unter ihre Kontrolle zu bringen. Inzwischen haben Terrorgruppen, die auch mit dem Netzwerk El Kaida in Verbindung stehen, ihr brutales Regime errichtet.

Humanitäre Katastrophe: 400.000 Flüchtlinge

Nach Angaben der deutschen Hilfsgruppen sind bereits etwa 400.000 Menschen geflohen; allein in einem primitiven Lager in Mauretanien befinden sich nach Angaben der New York Times etwa 92.000 Menschen. International wird auch über eine militärische Intervention nachgedacht. Die Hilfswerke befürchten laut ihrem Offenen Brief „einen schrecklichen Krieg“ und eine „humanitäre Katastrophe“. So drohe der Region auch eine erneute Missernte. Sie rufen Westerwelle und Niebel auf, in dem Konflikt zu vermitteln, um ihn schnellstens zu beenden. Gleichzeitig müssten zügig humanitäre Hilfen für die Flüchtlinge sowie für die im Land verbliebenen und von Hunger bedrohten Menschen bereitgestellt werden. Es gelte ferner, eine Ausweitung des Konflikts auf Nachbarländer zu vermeiden.

Eines der ärmsten Länder

Mali ist etwa dreieinhalbmal so groß wie Deutschland, hat aber nur zwölf Millionen Einwohner; davon leben etwa zwei Millionen in der Hauptstadt Bamako. Mit einem jährlichen Pro-Kopf-Einkommen von etwa 200 Euro ist es eines der ärmsten Länder der Welt. Die durchschnittliche Lebenserwartung von Frauen beträgt 51, von Männern 48 Jahre. Fast jedes zehnte Kind stirbt im ersten Lebensjahr. Nach Angaben der Allianz-Mission bekennen sich 85 Prozent der Bevölkerung zum Islam; 11,2 Prozent seien Anhänger von Naturreligionen und 3,8 Prozent Christen.