19.07.2012
London: Christen bereiten sich auf die Olympiade vor
Am 27. Juli beginnen die Olympischen Sommerspiele in London. Bis zum 12. August werden 6 Millionen Besucher aus aller Welt erwartet; rund 10.500 Sportler aus 205 Ländern beteiligen sich an den Wettkämpfen. Aus der britischen Hauptstadt berichtet Claudia Atts.
London: Christen bereiten sich auf die Olympiade vor
Am 27. Juli beginnen die Olympischen Sommerspiele in London. Bis zum 12. August werden 6 Millionen Besucher aus aller Welt erwartet; rund 10.500 Sportler aus 205 Ländern beteiligen sich an den Wettkämpfen. Aus der britischen Hauptstadt berichtet Claudia Atts.
„Mich fasziniert, dass jede Kirche – egal welcher Konfession – die Spiele als Anlass nutzen kann, um Gottes Wort weiterzugeben“, meint Pfarrer Duncan Green von der anglikanischen Kirche als Chefkoordinator der kirchlichen Aktivitäten bei den Olympischen Spielen. „Die Möglichkeiten sind vielfältig: von Jugendfestivals, gemeinsamem Fernsehen auf Großleinwänden, Kinderferienprogrammen mit sportlichen Themen bis zu Nachbarschaftsaktionen. Jede Gemeinde kann ihrem Stadtteil vor Ort dienen.“ Um alle Angebote im Blick zu haben, schlossen sich alle Kirchen unter dem Dach von „More Than Gold“ (Mehr als Gold) zusammen – einer ehrenamtlichen Organisation mit über 200 Mitarbeitern. Ihr Vorsitzender, David Willson, nennt als Ziel: „Wir helfen den Kirchen, sich mit ihren bereits vorhandenen Möglichkeiten einzubringen. Dabei sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Wir bilden auch Sportseelsorger aus, die die Athleten während der Spiele betreuen.“ Das eigens erbaute „Glaubenszentrum“ im Olympiapark dient allen Weltreligionen – Christentum, Judentum, Islam, Buddhismus und Hinduismus – als Anlaufpunkt für Stille und seelsorgerliche Hilfe während der Spiele.
Immer die Baustellen!
Für den Olympiapark hat sich die Stadt den heruntergekommenen Stadtteil Stratford im Londoner Osten mit seinen verfallenen Industrieanlagen ausgesucht. Über 200 Gebäude wurden für den Park abgerissen. Die Proteste der Mieter waren erheblich, wie überhaupt die Stimmung dort schlecht ist. Viele Bürger sind genervt von den anstehenden Spielen. Seit Jahren müssen sie Baulärm und -dreck, Straßenarbeiten, Umleitungen und Sperrungen ertragen. Auch Kirchen und Gemeinden kamen nicht ungeschoren davon. Besonders getroffen hat es die Großgemeinde Kingsway Internationales Christliches Zentrum mit mehreren Tausend Gottesdienstbesuchern und reichlich Parkplätzen: Ihr Gebäude fiel 2007 dem Abriss zum Opfer. Die Gemeinde nutzt seither ein umgebautes Kino, in dem sie 6 Gottesdienste pro Sonntag anbietet.
Worunter die Gastfreundschaft leidet
Dem Aufruf von „Mehr als Gold“, den Familien der Athleten aus Drittwelt- und Schwellenländern private Unterkünfte anzubieten, sind in diesem Stadtgebiet nur wenige Familien gefolgt. Pfarrer Paul Bowtell, Assistent des Bischofs im Stadtteil Barking, versteht die Zurückhaltung der Anwohner: „Sie leiden schon so lange unter Olympia! Kein Wunder, dass sie nicht gerade begeistert sind, jetzt auch noch zum Gelingen der Spiele beizutragen.“ Anders sieht es im restlichen London aus. Hier fanden sich nicht nur viele freiwillige Helfer in den Kirchen, sondern auch Unterkünfte: „Hunderte Familien öffnen den Freunden und Angehörigen der Athleten ihre Häuser.“
Diakonie und Verkündigung
„Mehr als Gold“ hat Hunderte Freiwillige rekrutiert, die als Dolmetscher und Helfer an den Bahnhöfen zur Verfügung stehen und den anreisenden Gästen aus aller Welt Orientierungshilfen geben. Die Heilsarmee wird an heißen Sommertagen kostenlos Wasserbecher in Warteschlangen und an Verkehrsknotenpunkten verteilen. Für die „Soldaten Gottes“ ist das nicht nur ein diakonischer Dienst, sondern auch eine gute Möglichkeit, mit den Menschen ins Gespräch über den christlichen Glauben zu kommen.
Rund um die Uhr wird gebetet
Mitglieder der Kirche The Cornerstone Leyton in der Nähe des Olympiaparks beten schon seit Monaten auf sonntäglichen Gebetsmärschen rund um das Parkgelände für das Gelingen und die Sicherheit der Spiele. Seit dem 14. Juli um 12 Uhr wird in der Kirche sogar rund um die Uhr gebetet – bis zum Ende der Abschlusszeremonie am 12. August.
Zweimal täglich werden Heilungsgebete angeboten
Zudem sollen während der Spiele zweimal täglich Gebets-teams aufbrechen und den Menschen auf der Straße Heilungsgebete anbieten. Londons größte Methodistenkirche nutzt ihre zentrale Lage in London und bietet neben einem Café evangelistisches Tanz- und Straßentheater sowie Musik an. Auch auf der Grünfläche neben der Westminster Abbey sowie am Leicester Square und auf dem Trafalgar Square planen internationale Teams – darunter eine Kampfsportgruppe aus Südkorea – christliche Vorführungen und Mitmach-Programme.
Bis zu 1.800 Euro Eintritt
Mehrere Kirchengemeinden bieten auch Quizabende mit Sportfragen an, um Interessierte für den christlichen Glauben zu begeistern. Garten-, Grill- und Nachbarschaftsfeste werden unter dem olympischen Motto „One Planet Olympics“ die Bevölkerung einladen. Häufig wird angeboten, gemeinsam öffentlich Fernsehen zu schauen, in Jugendcafés genauso wie etwa in Chetham, wo bis zu 20.000 Zuschauer Platz finden. Die Gemeinden verstehen dies als Dienst für alle, die keine Eintrittskarten bekommen haben oder sich den bis 1.800 Euro teuren Eintritt schlicht nicht leisten können.
Ab ins Ausland!
Nicht alle Londoner sind freilich von den Olympischen Spielen angetan. So legten viele Firmen beispielsweise ihren Jahresurlaub in die Zeit der Spiele. Insgesamt werden 10 Millionen Briten im Ausland unterwegs sein. Und wer nicht zu Hause bleiben muss, bietet seine Wohnung oder sein Haus gerne Besuchern zur Miete an – und verdient sich so binnen weniger Tage eine „goldene Nase“. Auch die ohnehin teuren Hotelpreise wurden für die Spiele kräftig angehoben – mitunter aufs Dreifache.