22.06.2012
Deutschland: Thema Religionsfreiheit ausgespart
Worüber Protestanten und Muslime miteinander sprechen. Das Thema Mission spielte bei deutschem Spitzentreffen keine Rolle
Deutschland: Thema Religionsfreiheit ausgespart
Worüber Protestanten und Muslime miteinander sprechen.
Das Thema Mission spielte bei deutschem Spitzentreffen keine Rolle
Duisburg (idea) - Erstmals seit dreieinhalb Jahren haben Repräsentanten von Muslimen und Protestanten in Deutschland wieder auf Spitzenebene miteinander gesprochen. Künftig solle nicht mehr das Trennende im Vordergrund stehen, sondern das Gemeinsame, etwa „der Glaube an nur einen Gott“ oder das Thema „Bewahrung der Schöpfung“, hieß es nach der Begegnung am 21. Juni. In der Merkez-Moschee in Duisburg-Marxloh waren 13 Vertreter des Koordinierungsrates der Muslime (KRM) und der EKD zusammengekommen. In dem 90-minütigem Gespräch wurde vereinbart, künftig neben regelmäßigen Gesprächen auf Spitzenebene auch verschiedene Arbeitsgruppen einzurichten. Deren thematische Schwerpunkte sollen bis zum nächsten Treffen genauer herausgearbeitet und festgelegt werden. Es findet auf Einladung der EKD am 25. Juni 2013 in Berlin statt. Ein Thema, so der EKD-Ratsvorsitzende, Präses Nikolaus Schneider (Düsseldorf), könnte beispielsweise die gemeinsame Trägerschaft einer Kindertagesstätte sein. Außerdem soll ein gemeinsamer Leitfaden für Muslime und Christen herausgegeben werden. „Es besteht Bedarf an einem mehrsprachigen Knigge: Was muss ich beachten, wenn ich in die Kirche oder in die Moschee gehe?“, so Ali Kizilkaya (Köln), Sprecher des KRM. Zum G-20-Gipfel 2015 in Deutschland solle es eine Konferenz für Religionsvertreter aus aller Welt geben, zu der auch die EKD und die im KRM organisierten Islamverbände einladen wollen. „Wir wollen künftig auch gemeinsame Stellungnahmen zu aktuellen Krisen und großen gesellschaftlichen Fragen herausbringen“, erläuterte Schneider vor Journalisten. Er hoffe, dass es möglich sei, beispielsweise eine gemeinsame Erklärung zum Thema Salafismus zu verfassen.
Bischof Schindehütte: Was Mission heißt
Beide Seiten verurteilten die Gewalt des radikal-islamistischen Salafismus. Das Thema Mission spielte keine Rolle. Kizilkaya sagte, er habe nicht den Eindruck, „dass unser Gegenüber uns missioniert“. Schneider sagte, wer in seinem eigenen Glauben gefestigt sei, habe eine große Freiheit, mit anderen zu reden. Der EKD-Auslandsbischof Martin Schindehütte (Hannover) definierte Mission so: „Mission ist zu zeigen, wer man ist und was man liebt.“
Evangelikale Kritik: Thema Religionsfreiheit ausgespart
Kritik am Ergebnis des Treffens übte der Leiter des „Arbeitskreises Islam“ der Deutschen Evangelischen Allianz, Ulrich Neuenhausen (Bergneustadt). Er hätte sich gewünscht, dass auch Themen wie Religionsfreiheit, Menschenrechte und Werteverständnis angesprochen würden, sagte er gegenüber idea. Grundsätzlich sei es jedoch positiv zu bewerten, dass der Dialog wieder aufgenommen worden sei. Es sei notwendig, gerade über Themen wie dem Salafismus ins Gespräch zu kommen. Von den Islamverbänden wünschte sich Neuenhausen eine „echte Offenheit, auch gerade im Umgang mit Kritik am Islam“. Neuenhausen leitet hauptamtlich das Forum Wiedenest (früher: Missionshaus Bibelschule Wiedenest). Derzeitige Mitglieder des Koordinationsrates der Muslime in Deutschland sind die Organisation DITIB - Türkisch Islamische Union der Anstalt für Religion, der Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland, der Verband Islamischer Kulturzentren (VIKZ) sowie der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD). Der Koordinierungsrat vertritt nach eigenen Angaben 85 Prozent der rund vier Millionen Muslime in Deutschland. Die EKD repräsentiert etwa 23,9 Millionen Kirchenmitglieder.