25.06.2012
Ägypten: Christen reagieren besorgt auf Wahlausgang
Bischof Damian: Muslimbrüder streben streng islamischen Staat an
Ägypten: Christen reagieren besorgt auf Wahlausgang
Bischof Damian: Muslimbrüder streben streng islamischen Staat an
Kairo/Höxter (idea) – Verhalten bis besorgt haben Christen auf den Ausgang der Präsidentenwahl in Ägypten reagiert. Am 24. Juni hatte die Wahlkommission Mohammed Mursi zum Sieger der Stichwahl erklärt. Der Kandidat der religiös-konservativen Muslimbruderschaft hatte sich mit knapp 52 Prozent der Stimmen gegen seinen Mitbewerber, Ahmed Schafik, durchgesetzt. Er war während der Revolution 2011 kurzzeitig bis zum Sturz von Präsident Hosni Mubarak Premierminister. In einer ersten Ansprache hatte Mursi erklärt, Präsident aller Ägypter sein zu wollen: „Muslime oder Christen, Männer oder Frauen, Alte oder Junge, ihr seid alle meine Familie.“ Zweifel am Wahrheitsgehalt dieser Aussage hat der Bischof der koptisch-orthodoxen Christen in Deutschland, Anba Damian (Höxter), geäußert. Die Kopten stellen etwa zehn Prozent der Bevölkerung in Ägypten. Wie Damian auf Anfrage der Evangelischen Nachrichtenagentur idea (Wetzlar) sagte, herrsche unter den Christen wie auch unter gemäßigten Muslimen in Ägypten nach dem Wahlausgang eine „deprimierte Stimmung“. Die Muslimbrüder hätten bereits im Vorfeld der Wahlen deutlich gemacht, einen streng islamischen Staat durchsetzen zu wollen, in dem der Islam die einzig legitime Religion sei und dessen Gesetzgebung, die Scharia, als Grundlage dienen solle. „Auch wenn das Mubarak-Regime nicht überall beliebt war, garantierte es Minderheiten zumindest eine gewisse Stabilität und setzte radikalen Gruppierungen wie der Muslimbruderschaft Grenzen“, so der Bischof. Er gehe davon aus, dass sich das Wahlergebnis mittelfristig auch auf den Tourismus und die Wirtschaft auswirken wird: „Touristen werden wegbleiben und Firmen werden ihre Investitionen überdenken.“ Auch das Verhältnis zu Israel sieht Damian in Gefahr.
Mursi zwischen Israel und dem Iran
Mursi hatte nach seiner Wahl betont, alle internationalen Verträge einhalten zu wollen: „Wir wollen Frieden.“ Man werde sich um „sehr ausgewogene Beziehungen zu allen internationalen Faktoren bemühen, auf der Grundlage gemeinsamer Interessen und wechselseitigen Respekts“. Ägypten ist neben Jordanien das einzige arabische Land, das einen Friedensvertrag mit Israel geschlossen hat. Als islamistische Bewegung steht die Muslimbruderschaft Israel allerdings eher feindselig gegenüber. Mursi hatte auch eine Annäherung an den Iran angekündigt. Er wolle die Beziehungen zu der Islamischen Republik ausweiten, um ein strategisches Gleichgewicht in der Region zu schaffen, sagte er in einem Interview mit der staatlichen iranischen Nachrichtenagentur Fars.
Jubel in Gaza, Zurückhaltung im Westen
International fielen die Reaktionen auf Mursis Wahl unterschiedlich aus. Ein Sprecher der radikal-islamischen Hamas im Gazastreifen erklärte, die Ägypter hätten nicht nur einen Präsidenten für ihr Land gewählt, sondern auch für arabische und islamische Länder. Die Reaktionen aus dem Westen waren zurückhaltender. Die Europäische Union gratulierte dem künftigen ägyptischen Präsidenten. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton bezeichnete die Wahl als „wichtigen Meilenstein in Ägyptens demokratischem Übergang“. Es sei ein „historischer Augenblick für das Land und die Region“. Auch die USA sandten Glückwünsche, riefen die Regierung aber zugleich auf, die Rechte aller ägyptischen Bürger einschließlich der Frauen und religiöser Minderheiten wie den koptischen Christen zu achten. Von den 83 Millionen Einwohnern Ägyptens sind 90 Prozent Muslime.