14.09.2012

Naher Osten: Gewaltwelle wegen Mohammed-Film

Wer steckt hinter Mohammed-Schmähfilm?

Naher Osten: Gewaltwelle wegen Mohammed-Film

Wer steckt hinter Mohammed-Schmähfilm?

Wer ist verantwortlich für den anti-islamischen Schmähfilm der zu Ermordungen von US-Diplomaten und gewalttätigen Ausschreitungen empörter Muslime in zahlreichen Ländern geführt hat? Hohe Vertreter von Christentum, Judentum und Islam verurteilten den Schmähfilm und die Gewalt ebenfalls. WEA-Generalsekretär Geoff Tunnicliffe bezeichnete das Video als „verleumderisch und beleidigend“.

Washington/Kairo (idea) – Wer ist verantwortlich für den anti-islamischen Schmähfilm, der zu Ermordungen von US-Diplomaten und gewalttätigen Ausschreitungen empörter Muslime in zahlreichen Ländern geführt hat? Der in Kalifornien produzierte Streifen „Innocence of Muslims“ (Die Unschuld der Muslime) stellt den Propheten Mohammed als Homosexuellen, Kinderschänder und Frauenheld dar. Der angebliche Produzent des mit einem Aufwand von etwa 3,8 Millionen Euro hergestellten Films hält sich versteckt; er tritt nur unter dem Pseudonym „Sam Bacile“ in Erscheinung. Ob er mit dem 55 Jahre alten koptischen Christen Nakoula Basseley Nakoula identisch ist, ist unklar. Eine Handy-Nummer, unter der „Sam Bacile“ ein Interview gab, führte zu ihm. Nakoula war Manager der Produktionsfirma. Für die Verbreitung des Kurzwerbefilms auf der Internet-Plattform YouTube war Morris Sadek verantwortlich, ebenfalls ein aus Ägypten stammender koptischer Christ. Der 69-Jährige bezeichnet sich als Menschenrechtsanwalt und Präsident der Nationalen Amerikanischen Koptischen Versammlung. Seine eigenen Internetauftritte enthalten der ökumenischen Nachrichtenagentur ENInews (Genf) zufolge islamfeindliche Äußerungen. So zeige ein YouTube-Video, wie Sadek vor dem Nationalen Pressegebäude in Washington mit einer US-Flagge demonstriert und „Islam ist böse“ ausruft. Sadek steht in Verbindung mit dem umstrittenen Prediger Terry Jones. Der Pastor der Gemeinde Dove World Outreach Center (Taube-Weltmissionszentrum) in Gainesville (Bundesstaat Florida) hatte unter anderem durch angekündigte Koran-Verbrennungen am zehnten Jahrestag der Anschläge vom 11. September weltweit Aufsehen und blutige Unruhen von Muslimen ausgelöst. Kirchen und die Weltweite Evangelische Allianz (WEA) als Dachorganisation von rund 600 Millionen Evangelikalen haben sich von Jones distanziert.

Westerwelle: „Geschmackloses“ Video

Auch jetzt breiten sich wieder blutige Demonstrationen über die ganze islamische Welt aus – von Tunesien bis nach Malaysia. Ausgelöst wurden sie am 11. September – dem elften Jahrestag der Terroranschläge auf New York und Washington – durch einen Angriff schwer bewaffneter Extremisten auf das US-Konsulat in Bengasi (Libyen). In einem vierstündigen Feuergefecht kamen US-Botschafter J. Christopher Stevens und drei weitere Botschaftsangehörige ums Leben. Teilweise gewalttätige Demonstrationen in Ägypten, Tunesien, Jemen, Iran, Irak, Afghanistan und Malaysia folgten nach den Freitagsgebeten am 14. September. Die USA und auch Deutschland haben besondere Sicherheitsmaßnahmen für ihre diplomatischen Vertretungen in der Region angeordnet. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) und seine US-Kollegin Hillary Clinton verurteilten die Gewalt. Zwar teile man die Empörung der Muslime über das „geschmacklose“ und „schreckliche“ Video, so Westerwelle; es dürfe aber nicht zum Vorwand für Gewalt oder gar die Ermordung von Menschen dienen.

Evangelische Allianz: Keine Rechtfertigung für Gewalt

Hohe Vertreter von Christentum, Judentum und Islam verurteilten den Schmähfilm und die Gewalt ebenfalls. WEA-Generalsekretär Geoff Tunnicliffe (New York) bezeichnete das Video als „verleumderisch und beleidigend“. Man lehne jede Schmähung anderer Religionen und ihrer Anführer ab, doch könne es auch keine Rechtfertigung für Gewalt geben: „Wir stehen Seite an Seite mit unseren christlichen Geschwistern in mehrheitlich islamischen Ländern, die sowohl das Video wie auch die auf seine Veröffentlichung folgende Gewalt verurteilen.“

Imam will Enkel auf Bibel urinieren lassen

In Kairo hatten am 13. September Christen zusammen mit Muslimen gegen den Film protestiert, wie der Medienbeauftragte der katholischen Kirche in Ägypten, Pfarrer Rafic Greiche, dem katholischen Fidesdienst mitteilte. In einer gemeinsamen Verlautbarung hätten die katholische, die orthodoxe und die protestantische Kirche den Film abgelehnt. Gleichwohl ist es zu Racheaktionen von Muslimen gekommen. Nach Angaben der Assyrischen Nachrichtenagentur AINA zerriss der islamische Geistliche Ahmed Abdullah, der sich „Abu Islam“ nennt, eine Bibel. Er habe die Seiten den Demonstranten vor die Füße geworfen, damit sie darauf trampeln sollten. Nächstes Mal werde er seinen Enkel auf die Bibel urinieren lassen, drohte der Geistliche.