26.02.2018
Tadschikistan: Einschränkungen der Glaubensfreiheit
Gesetzesänderung führt zu weiterer Verschärfung der staatlichen Kontrolle über die Religionsgemeinschaften
Tadschikistan: Einschränkungen der Glaubensfreiheit
Gesetzesänderung führt zu weiterer Verschärfung der staatlichen Kontrolle über die Religionsgemeinschaften
Am 10. Januar 2018 trat in Tadschikistan eine Änderung des bereits in seiner bisherigen Fassung restriktiven Religionsgesetzes in Kraft, die weitere Einschränkungen der Glaubensfreiheit mit sich bringt. „Anstatt das Gesetz zu verbessern wurde es durch die Änderungen verschlechtert und noch restriktiver“, erklärte die Menschenrechtsaktivistin Faizinisso Vokhidova gegenüber Forum 18. „Das Gesetz steht für totale Kontrolle und ist ungerecht.“ Bereits in der Fassung des Religionsgesetzes vom April 2009 wurde jede Ausübung der Religionsfreiheit ohne staatliche Erlaubnis verboten, während die Erlangung der staatlichen Registrierung von Gemeinschaften erschwert wurde. Weiters wurde durch das Gesetz von 2009 die Zahl und Art der erlaubten Moscheen eingeschränkt, religiöse Unterweisung und Ausbildung strenger Kontrolle unterworfen und die Zensur von religiöser Literatur verfügt.
Die Gesetzesänderung von 2018 erlaubt es dem Staat, die Ausübung der Religions- und Glaubensfreiheit aus vielen verschiedenen Gründen weiter einzuschränken, die im Widerspruch zu den internationalen Menschenrechtsverpflichtungen stehen. Die Berichtspflichten der religiösen Organisationen werden dahingehend ausgeweitet, dass über alle Aktivitäten berichtet werden muss. Auf Aufforderung durch die Behörde sind die Einnahmequellen, Ausgaben, Anzahl der Mitarbeiter, Gehälter und „andere erforderliche Informationen“ offenzulegen. Die Ernennung von Imamen bedarf der Genehmigung durch den Staat. Die Kontrolle über religiöse Bildung bzw. Ausbildung im eigenen Land und im Ausland wird ausgeweitet. Bei Inkrafttreten der Gesetzesänderung erklärte das Staatliche Komitee für Religiöse Angelegenheiten und die Regelung von Traditionen, Zeremonien und Ritualen (SCRA), dass die Behörden 2017 fast 2.000 nicht genehmigte Moscheen geschlossen haben und die Schließung von einigen hundert weiteren droht. Die Menschenrechtsaktivistin Faizinisso Vokhidova sieht in der jüngsten Gesetzesänderung eine vollständige Kontrolle der Lehre und des praktischen Lebens der muslimischen Bevölkerungsmehrheit, die viele seit Jahrhunderten überlieferten Traditionen nicht mehr praktizieren kann, und beklagt, dass friedliche Gläubige in den Untergrund gedrängt werden und einige von ihnen möglicherweise in die Fänge radikaler und extremistische Bewegungen geraten.
Mitglieder verschiedener Religionsgemeinschaften, die aus Furcht vor staatlichen Repressionen darum gebeten haben, nicht namentlich genannt zu werden, berichten, dass sie dem Staat bereits jetzt detaillierte Angaben über ihre gesamte Tätigkeit übermitteln müssen und diese Verpflichtungen voraussichtlich noch ausgeweitet werden. „Wir haben Angst davor, mehr persönliche Angaben über unsere Mitglieder und unsere religiösen Aktivitäten zu machen“, erklärte ein Leiter. Der Parlamentsabgeordnete Muradullo Davlatov, ein ehemaliger Beamter der staatlichen Behörde für religiöse Angelegenheiten verteidigte die neuen Restriktionen: „Wir müssen uns nicht vor Kontrolle fürchten, erklärte er gegenüber Forum 18. „In allen normalen Ländern der Welt werden die religiösen Organisationen kontrolliert.“
Tadschikistan wird seit 1992 von Präsident Emomali Rahmon regiert. Seine Amtszeit ist gekennzeichnet von Menschenrechtsverletzungen, einem Mangel an Rechtsstaatlichkeit und Demokratiefeindlichkeit bis hin zum Wahlschwindel. Nach Aussage der Wahlbeobachter der OSZE gab es noch nie eine freie und faire Wahl. Die Vereinten Nationen haben Tadschikistan bereits mehrmals vergeblich aufgefordert, das Religionsgesetz zu verbessern, die Einschränkungen der Religionsfreiheit abzuschaffen und einen zivilen Wehrersatzdienst zu schaffen.
Quelle: Forum 18, Oslo
Deutsche Fassung: Arbeitskreis Religionsfreiheit der ÖEA