16.07.2018

Ukraine: Deutsche Evangelisch-Lutherische Kirche wird weiter zerstört

Pastor Alexander Gross: Wir fürchteten einen erneuten gewaltsamen Angriff

Odessa (idea) – Die Zerstörung der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Kirche in der Ukraine (DELKU) geht weiter. Das berichtete Pastor Alexander Gross (Nowogradkievka) gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur idea. Der Bischof der DELKU, Sergej Maschewski (Odessa), hat in den vergangenen Jahren Pastoren entlassen, Gemeinden enteignet, Synodale eingeschüchtert und sich für eine Machtkonzentration in seiner Person eingesetzt. Pastor Gross hat sich Maschewski lange in den Weg gestellt und seine missionarisch geprägte Arbeit fortgesetzt – obwohl der Bischof ihn 2015 per E-Mail entlassen und seine Bibelschule geschlossen hatte. Maschewski forderte von ihm und seiner Gemeinde, die kirchlichen Gebäude in Petrodolinske zu verlassen. Das hatte die Gemeindeleitung abgelehnt. Anfang Juni seien er und ein weiteres Vorstandsmitglied bei einem von Maschewski gesteuerten Angriff verletzt worden, berichtete Gross. Jetzt habe seine Gemeinde mit der freiwilligen Räumung der Gebäude, darunter ein Jugend- und ein Kulturzentrum, begonnen. Man habe erfahren, dass Maschewski für den 17. Juli einen weiteren gewaltsamen Zugriff geplant habe. Der Gemeinderat sei zu dem Ergebnis gekommen, dass man das Eigentum nicht länger verantwortlich schützen könne, ohne das Leben von Mitgliedern zu gefährden. Man werde nach Möglichkeiten suchen, um Veranstaltungen wie die Sonntagsschule und die jugendmissionarischen Angebote fortführen zu können: „Wir sind dankbar für alle, die für uns gebetet und uns unterstützt haben.“ Wie es weitergehe, wisse man derzeit noch nicht.


„Gott lässt sich nicht spotten“

Pfarrer Ralf Haska (Marktleuthen/Oberfranken) – er war bis 2015 von der EKD entsandter Auslandspfarrer in der DELKU-Kirchengemeinde St. Katharina in Kiew – schrieb auf Facebook: „Der sogenannte ,Bischof‘ Maschewski schreckt anscheinend auch vor Schwerverletzten und wohl letzten Endes auch nicht vor Leichen zurück, um sein zerstörerisches Werk durchzusetzen. Ich bin sicher, dass die Gemeinde von Alexander Gross weiter blühen wird.“ Eines Tages würden Maschewski und seine Helfer für ihre Untaten zur Rechenschaft gezogen werden: „Gott lässt sich nicht spotten. Und wer Hand an seine Kirche legt, wird untergehen.

Korruption gehört zum Alltag

Gross und andere von Maschewski ausgeschlossene Gemeinden werden unter anderem vom Martin-Luther-Verein in Bayern (Neuendettelsau) finanziell unterstützt. Laut dem Vorsitzenden Wolfgang Hagemann ist die geforderte Räumung rechtlich korrekt, weil es dazu einen Gerichtsbeschluss gebe. Allerdings hat Bischof Maschewski Hagemann zufolge das Urteil „bestellt und bezahlt“. Korruption gehöre in der Ukraine zum Alltag. Man vermute, so Hagemann, dass es Maschewski rund 20.000 Dollar gekostet habe.

Die DELKU

Die DELKU wurde Mitte des 18. Jahrhunderts von deutschen Aussiedlern gegründet. In der Sowjetunion wurden die Kirchen geschlossen. 1992 wurde sie mit Hilfe ihrer Partnerkirche – der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern – neu begründet. Bischof war anfangs immer ein aus Bayern entsandter Geistlicher. Ziel war aber, dass die DELKU eigenständig wird und ihren Bischof selbst wählt. Maschewski setzte sich 2014 knapp durch. Die presbyterial-synodal strukturierte Kirche löste der heute 42-Jährige damals auf. Er benannte eigenmächtig Synodale, die einer Machtkonzentration in seiner Person zustimmten. Von den ursprünglich 51 Synodalen wurden 2017 nur noch 15 zugelassen. Er kündigte Pastoren, obwohl er damit gegen kirchliche Gesetze verstieß, da die örtlichen Gemeinderäte zustimmen müssen. Neben Haushalts- und Projektmitteln hat die bayerische Kirche auch Gehälter für Pfarrer ihrer Landeskirche übernommen, die in der Ukraine gearbeitet haben. Allein zum Wiederaufbau des Deutschen Zentrums und der St.-Paul-Kirche in Odessa wurden rund sieben Millionen Euro aufgewendet. Die Partnerschaft ruht seit dem 31. Oktober 2015, nachdem keine Abrechnungen mehr aus der Ukraine kamen. Ursprünglich gehörten zur DELKU 31 Gemeinden mit 2.000 Mitgliedern, 21 Pastoren und Diakonen. Heute sind es noch 14 Gemeinden sowie 200 Mitglieder mit fünf Pastoren und Diakonen. Am 10. August soll es ein Gespräch zwischen der bayerischen Landeskirche, der EKD und Vertretern des Lutherischen Weltbundes über die Situation in der Ukraine geben.