17.07.2018

Afrika: Vor Illusionen über Europa warnen

Entwicklungsminister Gerd Müller: Europa braucht eine in sich stimmige Afrikapolitik

Düsseldorf (idea) – Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) hat sich für eine bessere Aufklärung von Afrikanern über die Bedingungen auf der Flucht nach Europa ausgesprochen. Er sagte im Interview der „Rheinischen Post“ (Düsseldorf): „Es sterben dreimal mehr Flüchtlinge auf dem Marsch durch die Wüste als im Mittelmeer. Davor muss man Hunderttausende bewahren, indem wir sie in den Herkunftsländern informieren und in Zukunftsperspektiven investieren.“ Aus Afrika – zumeist aus Nigeria, Eritrea und Somalia – kämen 25 Prozent der Flüchtlinge in Europa. Er wolle vor Ort noch stärker für stabile Verhältnisse sorgen und vor „Illusionen über Europa“ warnen. Müller schlug die Einsetzung eines EU-Afrikakommissars vor, bei dem alle Fäden einer „in sich stimmigen Afrikapolitik“ zusammenliefen. Zudem müsse mehr Geld investiert werden: „Von 2021 bis 2027 will die EU für Afrika 39 Milliarden Euro ausgeben. Das ist ein Zehntel dessen, was für die Agrarpolitik vorgesehen ist und ein Beleg dafür, wie wenig wir Afrika als Chancenkontinent wahrnehmen.“ China und Russland hingegen hätten das erkannt.


Eine Rückkehr irakischer Flüchtlinge ist möglich

Ferner äußerte sich der Bundesentwicklungsminister zur Situation im irakischen Mossul. Die Stadt wurde vor einem Jahr von der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) befreit. Auch mit der Hilfe aus Deutschland hätten bereits viele in die zerstörte Stadt zurückkehren können: „Daher ist auch eine Rückkehr irakischer Flüchtlinge aus Deutschland möglich.“ Man biete ihnen an, sie in ein Aufbau- und Qualifizierungsprogramme vor Ort zu integrieren oder bei der Existenzgründung zu unterstützen. Niemand solle als Verlierer zurückkehren müssen, betonte Müller.


Sorge über den vergessenen Krieg im Jemen

Am meisten Sorge mache ihm derzeit der „vergessene Krieg“ im Jemen. Alle zehn Minuten sterbe ein Kind, weil Medikamente fehlten: „Es ist beschämend, dass die Weltgemeinschaft ihnen beim Sterben zuschaut, denn nicht einmal die Hälfte des erforderlichen Hilfsbedarfs ist aktuell gedeckt.“


Entwicklungshilfe nicht als Druckmittel einsetzen

Müller lehnte es ab, Ländern die Entwicklungshilfe zu streichen, wenn sie bei Abschiebungen nicht kooperieren. Das vergrößere Fluchtursachen, „denn wir treffen damit nicht die Regierungen, sondern Hunderttausende von Menschen, denen wir eine Perspektive in ihrer Heimat bieten“. Kürze man Programme vor Ort, „bewirken wir das Gegenteil und haben hier bald sehr viel mehr Flüchtlinge“.