18.07.2018

Belgien: Sterbehilfe-Fälle erneut gestiegen

2.309 Menschen kamen durch die Hand von Ärzten zu Tode

Brüssel (idea) – In Belgien steigt die Zahl der Fälle von aktiver Sterbehilfe weiter. Das geht aus dem am 17. Juli in Brüssel vorgestellten Zweijahres-Bericht der Föderalen Kontroll- und Evaluationskommission zur Euthanasie hervor. Demnach kamen im vergangenen Jahr 2.309 Menschen durch die Hand von Ärzten zu Tode. Das ist ein Plus von 13 Prozent im Vergleich zu 2016 mit 2.028 registrierten Fällen. Laut dem Vorsitzenden der Kommission, Wim Distelmans (Brüssel), nehmen auch immer mehr ältere Menschen Sterbehilfe in Anspruch, die unter einem Summe von Krankheiten – sogenannter Poly Pathologie – leiden, also beispielsweise nicht mehr sehen und hören könnten und gleichzeitig inkontinent seien. Immer Menschen wollten das nicht akzeptieren, sagte Distelmans.

Bioethiker warnt: Mittlerweile gelten Euthanasie-Kritiker als unmenschlich

Die Definition von Poly Pathologie ist unter Bioethik-Experten umstritten. Sie kritisieren, dass das auf fast jede Person über 70 Jahren zutreffe. Deshalb sei oft nicht klar nachzuvollziehen, ob die Krankheiten der Grund für den Wunsch nach aktiver Sterbehilfe seien oder möglicherweise auch Einsamkeit. Der belgische Bioethiker und Philosoph Prof. Willem Lemmens (Antwerpen) warnte unlängst vor drastischen Veränderungen. Euthanasie werde mittlerweile von manchen als „Grundrecht“ und der Tod als „therapeutische Lösung“ bezeichnet, sagte er gegenüber dem katholischen Internetportal Crux (Boston/US-Bundesstaat Massachusetts). Kritiker des Euthanasiegesetzes würden in Belgien als unmenschlich und unmoralisch bezeichnet. Sie könnten ihre Bedenken oft nicht mehr laut äußern. In den vergangenen Jahren würden auch Anfragen nach Sterbehilfe von psychisch Erkrankten in Belgien zunehmend akzeptiert und als normal dargestellt. Damit werde Euthanasie für selbstmordgefährdete Patienten zur Option. Dabei sei das Gesetz ursprünglich für körperlich unheilbar Kranke gedacht gewesen. In Belgien ist aktive Sterbehilfe unter bestimmten Umständen seit 2002 kein Straftatbestand. Damals gab es 24 Euthanasiefälle. Nach Angaben der Euthanasie-Kontrollkommission haben von 2002 bis 2017 17.062 Personen Sterbehilfe in Anspruch genommen. Seit Februar 2014 gibt es in dem Land keine Mindestaltersgrenze für aktive Sterbehilfe mehr. Rund 72 Prozent der 11,3 Millionen Einwohner Belgiens sind Katholiken, acht Prozent Muslime und ein Prozent Protestanten.