16.03.2018
Deutschland: Debatte: Gehört der Islam zu Deutschland?
Evangelische Allianz: Er hat keinen Einfluss auf die Wertebildung
Deutschland: Debatte: Gehört der Islam zu Deutschland?
Evangelische Allianz: Er hat keinen Einfluss auf die Wertebildung
Berlin (idea) – Der Islam hat keinen Einfluss auf die Wertebildung in der deutschen Gesellschaft. Das erklärte der Vorsitzende des Arbeitskreises Islam der Deutschen Evangelischen Allianz, Reinhold Strähler (Wiesbaden), auf Anfrage der Evangelischen Nachrichtenagentur idea (Wetzlar). Anlass ist ein am 16. März in der Bild-Zeitung veröffentlichtes Interview mit Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). Darin hatte Seehofer erklärt, dass der Islam nicht zu Deutschland gehöre. Das Land sei durch das Christentum geprägt. Hier lebende Muslime gehörten aber selbstverständlich dazu. Das bedeute jedoch nicht, „dass wir deswegen aus falscher Rücksichtnahme unsere landestypischen Traditionen und Gebräuche aufgeben.“ Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) widersprach Seehofer. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am 16. März, Deutschland sei zwar historisch christlich und jüdisch geprägt, inzwischen lebten hier aber auch Millionen Muslime. „Auf der Basis unserer Werte- und Rechtsordnung gehört auch deren Religion, gehört auch der Islam inzwischen zu Deutschland.“ Der Theologe Strähler teilt die Position Seehofers. Deutschland sei geprägt durch den christlichen Glauben sowie Prinzipien aus der Aufklärung und dem Säkularismus. Zwar lebten Muslime schon lange in Deutschland und gehörten selbstverständlich zur Gesellschaft dazu, aber islamische Prinzipien, die auf einer traditionellen Auslegung des Korans und der islamischen Gesetzgebung – der Scharia – beruhten, wie sie die meisten der islamischen Verbände verträten, seien in vielen Punkten nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.
Islamwissenschaftler: Bekenntnis zum Islam war ein missverständliches Signal
Der an der Freien Theologischen Hochschule in Gießen lehrende Islamwissenschaftler Carsten Polanz vertrat gegenüber idea die Ansicht, dass die pauschalen Bekenntnisse von Politikern zu „dem Islam“ als Teil Deutschlands ein missverständliches Signal gewesen seien. Bis heute herrsche an einflussreichen muslimischen Institutionen ein Islamverständnis vor, das den Religionswechsel oder kritische Anfragen an den Koran mit dem Tod bedrohe. Dies sei unvereinbar mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung in Deutschland. Es dürfe keine Beschwichtigungspolitik mehr geben, bei der bestehende Probleme verdrängt werden. Gleichzeitig dürfe man nicht die Augen davor verschließen, dass die gesellschaftliche Prägekraft des christlichen Glaubens zurückgehe. Es sei wichtig, dass Christen Weihnachten, Ostern und Pfingsten nicht nur als bloße Feiertage oder landestypische Traditionen verstehen. Polanz: „Wir sollten die Bedeutung des Evangeliums und seine verändernde Kraft wieder neu entdecken und in der Begegnung mit Muslimen mutig, verständlich und gewinnend zur Sprache bringen.“
Über Verhältnis zum Islam wird seit längerem diskutiert
Zum Hintergrund: Über die Frage, ob der Islam zu Deutschland gehört, wird seit längerem diskutiert. Seehofers Äußerungen stehen dabei im Widerspruch zu früheren Aussagen von Unionspolitikern. 2006 eröffnete der damalige Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) die Islam-Konferenz mit den Worten: „Der Islam ist Teil Deutschlands und Europas.“ 2010 äußerte der damalige Bundespräsident Christian Wulff (CDU): „Der Islam gehört zu Deutschland“ – und löste damit eine Debatte aus. Merkel stimmte der Aussage von Wulff in Reden mehrfach zu.