20.11.2018
Ostukraine: Kirchengebäude bei Lugansk beschlagnahmt
Christen fürchten gleiche Entwicklung im Gebiet Donezk
Korntal/Kiew (idea) – In der von prorussischen Separatisten besetzten Region Lugansk in der Ostukraine sind alle Kirchengebäude beschlagnahmt worden, die nicht russisch-orthodox sind. Das bestätigte der Geschäftsführer des Instituts für Religionsfreiheit (IRF/Kiew), Maksym Vasin, auf Nachfrage gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur idea. Ähnlich äußerte sich auch der Missionsbund „Licht im Osten“, (Korntal bei Stuttgart), gegenüber idea. Ihr Missionsleiter Johannes Lange hat Kontakt zu Gemeinden vor Ort. Die Pastoren aller nicht-orthodoxen Gemeinden seien von Angehörigen der selbst ernannten und international nicht anerkannten „Volksrepublik Lugansk“ einbestellt worden. Man habe den Geistlichen mitgeteilt, dass ihre Gemeinden nicht länger anerkannt seien und ihr Gemeindebesitz beschlagnahmt sei. „Weil die Gemeinden nach Auffassung der Separatisten ohne ihre offizielle Anerkennung nicht länger existieren, können sie auch keinen Besitz haben“, erklärt Lange. Religiöse Versammlungen in Privatwohnungen und an anderen Orten seien nun verboten. Die Christen in der zweiten von prorussischen Separatisten besetzten „Volksrepublik Donezk“ seien ebenfalls besorgt. Sie wird ebenfalls von Russland unterstützt. Die Anführer der beiden Regionen, Alexander Sachartschenko (Donezk) und Igor Plotnizkij (Lugansk), liegen jedoch miteinander im Streit und agieren unabhängig voneinander. Laut Lange befürchten die Christen in Donezk, dass sich ähnliche Entwicklungen auch bald in ihrer Region abspielen könnten. Dem Institut für Religionsfreiheit (IRF/Kiew) zufolge soll es vor der Besetzung 2014 in der Region Lugansk 423 russisch-orthodoxe Kirchen gegeben haben, 131 Pfingst- und charismatische Kirchen, 99 Baptistengemeinden, 35 ukrainisch-orthodoxe Kirchen, 39 Kirchen der Siebenten-Tags-Adventisten, 28 Versammlungsorte der Zeugen Jehovas und sechs griechisch-katholische Kirchen. Das IRF ist eine 2001 gegründete staatlich und politisch unabhängige Menschenrechtsorganisation, die religiöse Entwicklungen in der Ukraine analysiert.
Seit vier Jahren Krieg: Christen leiden unter der Besetzung
Zum Hintergrund: Seit Februar 2014 stehen die ostukrainischen Gebiete Donezk und Lugansk unter prorussischer Herrschaft. Im April 2014 riefen die Separatisten die international nicht anerkannten und voneinander unabhängigen „Volksrepubliken Lugansk und Donezk“ aus. Vor Ausbruch des Konflikts lebten im dicht besiedelten Bezirk Donezk etwa 4,3 Millionen Menschen, die benachbarte Region Lugansk zählte rund 2,3 Millionen Einwohner. UN-Angaben zufolge starben in dem bewaffneten Konflikt bislang mehr als 10.000 Menschen. Christliche Gemeinschaften außerhalb der russisch-orthodoxen Kirche gelten als westlich und werden entsprechend benachteiligt und verfolgt. In den vergangenen Jahren kam es immer wieder zur Beschlagnahmung von Kirchengebäuden sowie zu Verhaftungen und Verhören von Pastoren und Gemeindeleitern. Die russisch-orthodoxe Kirche hingegen wird als Teil der russischen Identität angesehen und entsprechend akzeptiert. „Licht im Osten“ wurde 1920 in Wernigerode/Harz gegründet, um einstigen russischen Kriegsgefangenen und den Völkern der Sowjetunion die biblische Botschaft zu vermitteln. Heute unterstützt das Werk Partnermissionen sowie rund 100 einheimische Missionare und Mitarbeiter im gesamten ehemaligen Ostblock und druckt Bibeln sowie christliche Literatur in über 30 Sprachen. Die evangelistische Kinderzeitschrift „Tropinka“ erscheint in neun Sprachen und erreicht über 1,5 Millionen Leser in 56 Ländern. Vorsitzender ist der württembergische Pfarrer Martin Hirschmüller (Korntal-Münchingen).