18.10.2018
Ukraine: Wende bei der DELKU
DELKU: Deutschen Evangelisch-Lutherischen Kirche - Pastor Gross: Wir kehren in die große Familie der protestantischen Kirchen zurück
Odessa (idea) – Lange sah es so aus, als sei die Zerstörung der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Kirche in der Ukraine (DELKU) nicht mehr aufzuhalten. Jetzt gibt es eine Wende, berichtet Pastor Alexander Gross (Nowogradkievka) der Evangelischen Nachrichtenagentur idea. Der Bischof der DELKU, Sergej Maschewski (Odessa), hatte in den vergangenen Jahren Pastoren entlassen, Gemeinden enteignet, Synodale eingeschüchtert und sich für eine Machtkonzentration in seiner Person eingesetzt. Pastor Gross war einer der wenigen, der sich Maschewski lange in den Weg gestellt und seine missionarisch geprägte Arbeit fortgesetzt hatte. Im Juli hatte er dann aber das kirchliche Gebäude in Petrodolinske aus Furcht vor Angriffen freiwillig verlassen. Nun hat die DELKU auf ihrer Synode mit einer Zweidrittelmehrheit dem Bischof ihr Misstrauen ausgesprochen. Gemäß dem Kirchenrecht der DELKU wurde er damit seines Amtes enthoben. Als bischöflichen Visitator beauftragte die Synode für ein Jahr Pastor Paul Schwartz (Charkiw). Danach soll ein neuer Bischof gewählt werden. Gross zu idea: „Wir hoffen, dass die Zeit der Zerstörung und der Verfolgung mit dem ehemaligen Bischof zusammen geht.“ Die Entscheidung der Synode werde vom ukrainischen Staat anerkannt. Gross: „Wir kehren in die große Familie der protestantischen Kirchen Europas und der Welt zurück.“ Zu den ersten Gratulanten gehörte der Botschafter der Bundesregierung in der Ukraine, Ernst Reichel (Kiew). Er wünschte in einem offiziellen Schreiben, das idea vorliegt, Schwartz bei der verantwortungsvollen Aufgabe viel Kraft und Erfolg. Er freue sich, „die Beziehungen mit der DELKU unter Ihrer Leitung fortzuführen und zu vertiefen“. Unterstützer von Gross waren von Anfang an auch das Gustav-Adolf-Werk in Deutschland und der Martin-Luther-Verein in Bayern. Dessen Vorsitzender Wolfgang Hagemann lobte gegenüber idea die Entscheidung der Synode. Man freue sich „mit den Glaubensgeschwistern in der Ukraine über den gelungenen Neustart“.
Zur Geschichte der DELKU
Deutsche Aussiedler hatten die DELKU Mitte des 18. Jahrhunderts gegründet. In der Sowjetunion wurden ihre Kirchen geschlossen. 1992 wurde sie mit Hilfe ihrer Partnerkirche – der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern – neu begründet. Bischof war anfangs immer ein aus Bayern entsandter Geistlicher. Ziel war aber, dass die DELKU eigenständig wird und ihren Bischof selbst wählt. Maschewski setzte sich 2014 knapp durch. Er löste die presbyterial-synodal strukturierte Kirche auf und benannte eigenmächtig Synodale, die einer Machtkonzentration in seiner Person zustimmten. Ihm gegenüber kritisch eingestellte Synodale ließ er nicht zu. Er kündigte Pastoren, obwohl er damit gegen kirchliche Gesetze verstieß, da die örtlichen Gemeinderäte zustimmen müssen. Neben Haushalts- und Projektmitteln hat die bayerische Kirche auch Gehälter für Pfarrer ihrer Landeskirche übernommen, die in der Ukraine gearbeitet haben. Allein zum Wiederaufbau des Deutschen Zentrums und der St.-Paul-Kirche in Odessa wurden rund sieben Millionen Euro aufgewendet. Die Partnerschaft ruht seit dem 31. Oktober 2015, nachdem keine Abrechnungen mehr aus der Ukraine kamen. Ursprünglich gehörten zur DELKU 31 Gemeinden mit 2.000 Mitgliedern, 21 Pastoren und Diakonen. Heute sind es noch 14 Gemeinden mit 200 Mitgliedern, fünf Pastoren und Diakonen.