26.10.2018
Deutschland: Proteste gegen Vortrag eines Lebensrechtlers
Göttingen: 150 Demonstranten störten die Veranstaltung christlicher Studenten
Göttingen (idea) – Etwa 150 Demonstranten haben in Göttingen gegen eine Veranstaltung einer christlichen Hochschulgruppe zum Thema Abtreibung protestiert und sie teilweise massiv gestört. Das bestätigte einer der Organisatoren, Friedhelm Appel (Wienhausen bei Celle), der Evangelischen Nachrichtenagentur idea. Der Vortrag des Vorstandsmitglieds des Bundesverbandes Lebensrecht, Gerhard Steier (Oranienburg bei Berlin), mit dem Titel „Warum man Kinder – auch vor der Geburt – nicht töten darf“ fand nach Schilderung Appels in den Räumen der Heilsarmee statt, weil die Universität keinen Raum zur Verfügung stellen wollte. Diese Entscheidung stieß beim Veranstalter, der christlichen Hochschulgruppe „Reformatio 21“, auf Unverständnis. „Wir haben schon zuvor vier Veranstaltungen, etwa über die Themen Marktwirtschaft und Konsumzwang, im Hörsaal durchgeführt, das war kein Problem“, so Appel, der die Gruppe „Reformatio 21“ 2017 mitgegründet hat und sie berät. Die Universität habe die Absage damit begründet, dass es sich um eine „weltanschauliche Veranstaltung“ handle. Auch das irritiere ihn, weil eine Studentengruppe, die Fachschaft „Geschlechterforschung“, auf einer Internetseite der Universität noch im Januar zu einer Demonstration gegen das Verbot von Abtreibungswerbung aufgerufen hatte.
„Entlarvendes“ Verhalten der Demonstranten
Zu den Protesten aufgerufen hatte die Hochschulgruppe „Basisdemokratische Linke“. Als Grund nannte sie unter anderem, dass der Referent „regelmäßig am frauenfeindlichen und antifeministischen Marsch für das Leben“ in Berlin teilnehme. Mit dem Einsatz gegen Abtreibungen solle Frauen „das Selbstbestimmungsrecht genommen“ werden. „Statt frauenfeindlicher Veranstaltungen fordern wir legale und sichere Möglichkeiten für Schwangerschaftsabbrüche“, so die Gruppe. Bei friedlichem Protest auf der Straße blieb es allerdings nicht: Nach Angaben Appels protestierten über 30 Demonstranten lautstark im Veranstaltungsraum, entwendeten dem Referenten sein Manuskript und öffneten wiederholt die Fenster, um den Lärm von draußen hörbar zu machen. Auf das Gebäude der Heilsarmee verübten unbekannte Täter in der Nacht nach dem Vortrag einen Anschlag mit lila Farbbeuteln. Das Verhalten der „Basisdemokratischen Linken“ bezeichnete Appel „für eine Gruppe, die sich angeblich für Toleranz und Pluralismus einsetzt, als entlarvend“.
Theologiestudenten für ein Recht auf Abtreibung
Er bewertet die Veranstaltung als Erfolg: „Wir haben Aufmerksamkeit geweckt für das Thema Abtreibung und die Würde des Menschen als Geschöpf Gottes. Das war unser Ziel.“ Ferner habe er bei einigen jungen Frauen, die sich in der Veranstaltung kritisch äußerten, „eine große persönliche Betroffenheit“ gespürt. „Vielleicht wurde bei ihnen etwas angestoßen, und sie denken neu über das Thema nach“, so Appel. Die Fachschaft Theologie der Universität Göttingen schrieb als Reaktion auf die Veranstaltung, sie blicke „mit großer Sorge und Unmut“ auf die Vorträge der Gruppe „Reformatio 21“ und distanziere sich von ihr. Sie sei „an einer umfassenden Debatte“ nicht interessiert und erfülle die wissenschaftlichen Standards der Universität nicht. Man habe sich deshalb entschlossen, „inhaltliche Gegenwehr“ zu leisten. Es sei zum Beispiel „nicht selbstevident“, die Verschmelzung von Ei- und Samenzelle als Beginn des Lebens zu sehen, da das Leben „Prozesscharakter“ habe. Niemand dürfe darüber hinaus Frauen vorschreiben, ob und wann sie eine Schwangerschaft beenden. Friedhelm Appel war bis April 2018 für das Missionswerk Bruderhand (Wienhausen) tätig und berät und begleitet nun als Mitglied des Antiochia Teams (Schliengen bei Lörrach) Gründungen von Gemeinden und christlichen Gruppen.