22.04.2019

Sri Lanka: Wut und Solidarität nach Anschlägen

Die Zahl der Todesopfer steigt auf fast 300

Colombo/Sri Lanka (idea) – Kirchenführer und Politiker auf der ganzen Welt haben die Anschläge auf Kirchen und Hotels auf Sri Lanka am Ostersonntag verurteilt und zum Gebet aufgerufen. Die Zahl der Todesopfer der Anschläge ist inzwischen auf 290 gestiegen. Rund 500 Personen wurden bei insgesamt acht Explosionen verletzt. Das teilte Polizeisprecher Ruwan Gunasekera mit. Zunächst waren zwischen 8.30 Uhr und 9 Uhr Ortszeit Sprengsätze in den römisch-katholischen Kirchen St. Antonius in der Hauptstadt Colombo und St. Sebastian in der etwa 20 Kilometer entfernten Stadt Negombo explodiert. Später gab es weitere Anschläge in drei Luxushotels in der Hauptstadt sowie in der evangelikalen Zionskirche in der Stadt Batticaloa an der Ostküste des Inselstaats. Kurz darauf kam es zu zwei weiteren Anschlägen auf ein Hotel sowie einer Wohngegend in der Hauptstadt. In Colombo sind nach Behördenangaben 52 Menschen getötet worden, in Negombo 62 und in Batticaloa 27. Laut Polizei sind mindestens 35 Ausländer gestorben. Bisher sind keine deutschen Opfer bekannt.

Warnung vor muslimischem Terror

Premierminister Ranil Wickremesinghe teilte in einer Fernsehansprache mit, dass bislang 24 Verdächtige in Haft genommen wurden. Zu welcher Gruppierung sie gehören, ist nicht bekannt. Sieben der acht Anschläge wurden von Selbstmordattentätern durchgeführt. In der Nähe des größten Flughafens Sri Lankas wurde zudem ein Sprengsatz gefunden, der entschärft werden konnte. Der stellvertretende Verteidigungsminister Ruwan Wijewardene hatte am Sonntag von einer „terroristischen Attacke“ und „extremistischen Gruppen“ gesprochen, ohne sie näher zu benennen. Der Polizeichef von Sri Lanka, Pujuth Jayasundara, hatte zehn Tage vor den Anschlägen davor gewarnt, dass Selbstmordattentäter Anschläge auf „prominente Kirchen“ planten. Ein ausländischer Geheimdienst habe berichtet, dass die radikale muslimische Gruppe „NTJ“ (National Tawhid Jama‘ath, etwa: „Nationale Versammlung des Einen“) Anschläge in Colombo vorhabe. Die Gruppe wird mit der Beschädigung buddhistischer Statuen im Jahr 2018 in Verbindung gebracht.

 

Weltweite Evangelische Allianz verurteilt die Anschläge

Der EKD-Ratsvorsitzende und bayerische Landesbischof, Heinrich Bedford-Strohm (München), äußerte auf Facebook seine Anteilnahme. Er denke an „die Menschen in Sri Lanka, die weinen, wie Maria am Grab Jesu“ und verzweifelt seien. „Die Kraft von Ostern wird das nicht zerstören. Denn wer die Auferstehung Jesu Christi feiert, weiß um die Abgründe des Leidens.“ Christus nehme alle Opfer von Hass und Gewalt mit ins neue Leben.“ Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, rief zum Gebet für die Opfer und ihre Angehörigen auf. „Ich bitte Gott um seinen Beistand und seinen Trost“, sagte er laut Mitteilung. Die Liebe Gottes sei stärker als der Tod. Die Weltweite Evangelische Allianz (WEA) teilte mit, sie verurteile „auf das Schärfste die feige Serie von Bombenanschlägen“. WEA-Generalsekretär Efraim Tendero sagte: „Wir rufen die Kirchen auf der ganzen Welt auf, sich uns im Gebet für die Betroffenen anzuschließen, und dass die starke und tröstende Gegenwart Gottes bei dieser Tragödie mit ihnen sein möge.“

Israel bietet seine Hilfe an

Ihre Solidarität äußerten unter anderem auch US-Präsident Donald Trump, Papst Franziskus und UN-Generalsekretär António Guterres. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) schrieb an den Präsidenten Sri Lankas, Maithripala Sirisena, dass sie über die Anschläge entsetzt sei: „Es ist schockierend, dass Menschen, die sich versammelt hatten, um gemeinsam das Osterfest zu begehen, ein bewusstes Ziel dieser hinterhältigen Angriffe waren. In dieser schweren Stunde trauern wir mit den Hinterbliebenen und beten für die schnelle Genesung der Verletzten.“ Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) schrieb, er sei „fassungslos“ über die Anschläge: „Am Osterfest so viel Hass zu erleben schmerzt. Ostern ist ein Fest der Liebe, das uns lehrt: Hass unsererseits kann nie die Lösung sein.“ Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bot dem Inselstaat die Hilfe Israels an. „Die ganze Welt muss im Kampf gegen die Plage des Terrorismus zusammenstehen“, teilte er mit. Auch Staatsführer aus der arabischen Welt und dem Iran verurteilten die Angriffe.

Zahl der Übergriffe gegen Christen steigt

Ein Mitarbeiter des Hilfswerks für verfolgte Christen „Open Doors“ in der Region sagte laut einem Sprecher: „Dies ist eine sehr herzzerreißende Zeit für die Christen in diesem Land. Bitte betet für die Opfer und für die Familien der Opfer der Bombenanschläge in Sri Lanka. Betet auch, dass Gott den Familien Trost schenken möge, die so herzzerreißende Verluste erleiden mussten!“ Nach Angaben des Sprechers von Open Doors sind etwa zwei Millionen der 21 Millionen Inselbewohner Christen, sie werden als Bürger zweiter Klasse behandelt. Von allen Angehörigen der Ethnie der Singhalesen werde erwartet, dass sie Buddhisten sind. „Wer sich vom Buddhismus oder Hinduismus abwendet und Jesus Christus nachfolgt, muss mit Angriffen seitens der Familie und dem sozialen Umfeld rechnen, denn Glaubenswechsel gilt als Verrat“, so der Sprecher. Laut der Evangelischen Allianz in Sri Lanka nehmen die Übergriffe gegen Christen in dem Land zu. 2018 habe es 86 bestätigte Vorfälle von Diskriminierung, Bedrohung und Gewalt gegen Christen gegeben. Rund 70 Prozent der Bevölkerung Sri Lankas sind Buddhisten, 13 Prozent sind Hindus, zehn Prozent Muslime und etwa sieben Prozent mehrheitlich katholische Christen.