11.06.2022

Belarus: Ein Christ kann nicht sagen, dass das, was jetzt in der Ukraine vorgeht, gut ist

AKREF-A/11.06.22 - Die Polizei hat den orthodoxen Priester Andrei Nozdrin verwarnt und seine Kirche hat ihn in eine Pfarre an einem abgelegenen Ort versetzt, nachdem er sich öffentlich gegen die russische Invasion in der Ukraine und die Rolle von Belarus in dieser kriegerischen Auseinandersetzung geäußert hatte. Daraufhin erklärte er: „Ein Christ kann nicht sagen, dass das, was jetzt in der Ukraine vorgeht, gut ist und sollte auch verstehen, dass Töten eine Sünde ist. Er erklärte gegenüber Forum 18, dass er nicht aufhören würde, diese christlichen Prinzipien zu lehren. Im April hatte ihn die Polizei für ein „präventives Gespräch“ vorgeladen, nachdem sich zwei Informanten über ihn beschwert hatten, die über seine Positionierung gegen den Krieg nicht glücklich waren und auch das Singen des Kirchenliedes Mächtiger Gott kritisierten. Dieses Kirchenlied wird mit der Opposition assoziiert und sowohl die Regierung als auch das Oberhaupt der orthodoxen Kirche von Belarus Metropolit Veniamin haben das Singen dieses Liedes verboten. Auch Nachbarn und Freunde von Andrei Nozdrin wurden befragt. Am 25. April wurde er von der Polizei des Stadtbezirks Oktober von Grodno schriftlich verwarnt, er möge keine „extremistischen Verstöße und Verbrechen“ begehen. Danach wurde der Priester vom Erzbischof von Grodno aus allen Positionen in der Diözese entlassen und in ein kleines Dorf versetzt. Der Priester bedauerte, seine Pfarre verlassen zu müssen, wo er gemeinsam mit den Gläubigen eine Kirche errichtet und die größte Sonntagsschule für Kinder in der Großstadt Grodno gegründet hat.  

Das Regime hat auch andere orthodoxe und katholische Priester ins Visier genommen. Betroffen waren unter anderem zwei katholische Priester der Diözese Minsk-Mogilew. Pater Andrei Kevlich, der Dekan des Dekanats Mogilew wurde am 18. April in seiner Pfarrkirche in der Stadt Gorki in der Region Mogilew festgenommen. Beamte durchsuchten seine Wohnung und beschlagnahmten sein Handy. Sie erstellten ein Protokoll über ein Vergehen, weil er über das Handy Material des polnischen Fernsehkanals Belsat und von Radio Free Europe auf seinem Facebook Account veröffentlicht hatte. Sowohl Belsat als auch Radio Free Europe werden vom Regime als extremistisch eingestuft. Außerdem hatte er ein Video einer Pensionistin aus Kiew, die russischen Artilleriebeschuss erlebt hatte, auf seiner Facebookseite veröffentlicht und sein Foto auf Facebook mit der ukrainischen Flagge versehen. Daraufhin wurde er am 12. Mai zu einer Geldstrafe in Höhe von zwei durchschnittlichen Wochenlöhnen verurteilt.

Ein anderer katholischer Priester, Igor Laschuk von der Pfarre St. Kasimir in Stolbtsy in der Region Minsk, organisierte am 4. März eine spezielle Gebetsversammlung in Pfarren nahe der ukrainischen Grenze. Unter anderem sagte er: „Gott, vergib bitte deinem Volk, dass wir nicht wissen, wie man in Frieden miteinander spricht“. Am 20. April wurde er verhaftet und am 28. April zu einer Geldstrafe in Höhe von drei durchschnittlichen Wochenlöhnen verurteilt, weil er Artikel verbotener Medien, konkret von Belsat und Radio Free Europe, weiter veröffentlicht hatte, in denen der Krieg gegen die Ukraine kritisiert wurde. Auch sein Handy wurde beschlagnahmt.

Die Polizei hat auch orthodoxe Prieser vorgeladen und verwarnt, die einen offenen Brief unterschrieben haben, in dem sie zur Versöhnung und einem sofortigen Waffenstillstand in der Ukraine aufgerufen hatten. Die Aktivitäten von Priestern in den sozialen Medien werden vom Regime überwacht, insbesondere von den für die Ideologie zuständigen Abteilungen.

Quelle: Forum 18, Oslo (Bericht vom 10. Juni 2022).

Deutsche Fassung: Arbeitskreis Religionsfreiheit der ÖEA