19.05.2022

Hongkong: Sorge um Religionsfreiheit in Hongkong nach Verhaftung Kardinal Zens

Der politische Hardliner John Lee tritt in Hongkong die Nachfolge von Regierungschefin Carrie Lam an. Für die asiatischen Gläubigen verbessert sich die Lage vermutlich nicht. Das zeigen auch die Vorfälle um den emeritierten Bischof Joseph Zen.

Pro magazin/Von Johannes Blöcher-Weil/16. Mai 2022

Der ehemalige Bischof von Hongkong, Joseph Zen (Archivbild) kritisiert den Umgang seines Landes mit der Religionsfreiheit

Am 30. Juni feiert Hongkong den 25. Jahrestag der Rückgabe der Kronkolonie durch das britische Empire. Dann löst der am 8. Mai gewählte John Lee offiziell die bisherige Regierungschefin Carrie Lam ab. Unter ihm dürften es die Kirchen und Gläubigen schwer haben. Das verdeutlichen die Vorfälle rund um den emeritierten Kardinal Zen.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung wertete das Geschehen am Freitag als „erste symbolträchtige Polizeiaktion“ John Lees als Regierungschef. Die Polizei hatte den 90-jährigen Geistlichen und emeritierten Kardinal Joseph Zen zusammen mit weiteren Demokratie-Aktivisten festgenommen. Er gilt als Anhänger der Demokratiebewegung und Unterstützer der Unabhängigkeit Hongkongs von China. 2019 verwaltete er als Treuhänder einen Fonds, der die Demokratiebewegung förderte.

Zen habe auch das Abkommen zwischen China und dem Vatikan kritisiert. Die Vereinbarung ermöglicht es China, bei der Einsetzung von Bischöfen mitzubestimmen. Eigentlich genössen religiöse Würdenträger Immunität. Zen wurde nach Medienberichten bei seiner Verhaftung vorgeworfen, geheim mit dem Ausland zusammenzuarbeiten und die nationale Sicherheit zu gefährden.

Hoffnung auf rechtmäßige Behandlung

Dass er wenig später auf Kaution wieder freigelassen wurde, sorgt nur bedingt für diplomatische Entspannung. Der Vatikan nahm die Vorgänge mit „Besorgnis zur Kenntnis“ und informierte sich laut FAZ bei den Behörden über die Konsequenzen der Festsetzung. Das Bistum Hongkong sei „sehr besorgt“ und hoffe auf eine rechtmäßige Behandlung des Geistlichen.

Zen gilt als einer der wenigen Geistlichen, die die Regierung und Verstöße gegen die Religionsfreiheit öffentlich anprangerten. Die USA kritisierte laut der Zeitung, dass hier Menschen „zu Unrecht festgenommen und beschuldigt“ würden. Die Polizei und das chinesische Außenministerium wiesen alle Vorwürfe diesbezüglich zurück.

Der Religionsbeauftragte der Bundesregierung, Frank Schwabe, bezeichnete die Verhaftung des Kardinals als „unheilvoller Höhepunkt“ der Repressionen gegen kirchliche Repräsentanten. Die Vorwürfe entbehrten jeglicher Grundlage, erklärte der SPD-Politiker gegenüber dem Domradio.

PRO hat bei der Katholischen Hilfsorganisation „Kirche in Not“ um eine Einschätzung der Lage gebeten: „Um die Projektpartner vor Ort zu schützen, äußert sich ‚Kirche in Not‘ nicht konkret zur Situation in China“, betonte der Leiter Medien, Andre Stiefenhofer. Einzige Ausnahme sei der alle zwei Jahre erscheinende Bericht „Religionsfreiheit weltweit“.

„Größter Verrat an den Menschenrechten“

In dem 2021 veröffentlichten Bericht heißt es, dass in Hongkong nun auch die Religionsfreiheit gefährdet sei. Dazu trage ein im Juni 2020 verabschiedetes „Gesetz zur Nationalen Sicherheit“ bei. Es verhindere und bestrafe „Handlungen und Aktivitäten des Separatismus, der Subversion, des Terrorismus und der Kollaboration mit ausländischen Kräften, die die nationale Sicherheit gefährden“.

 

Amnesty International bezeichnete das Gesetz als „den größten Verrat an den Menschenrechten in der jüngeren Geschichte der Stadt“. Mit dem Gesetz seien die Grundfreiheiten in Hongkong de facto abgeschafft worden. Dies habe bereits Auswirkungen auf die Religionsfreiheit. Kardinal John Tong, Apostolischer Administrator der Diözese Hongkong, hatte allen Priestern die Anweisung, in Predigten „auf ihre Sprache zu achten“ sowie Äußerungen zu vermeiden, die politisch provokant sein könnten.

Quelle: https://www.pro-medienmagazin.de/sorge-um-religionsfreiheit-in-hongkong-nach-verhaftung-kardinal-zens