26.05.2022

Nigeria: Ein Gebet für die Mörder

HMK Deutschland – Militante Fulani verbreiteten in Uganda Angst und Terror. Pastor Vincentor hatte die Warnungen gehört und wusste, dass er sie ernst nehmen musste. Zusammen mit einigen Geschwistern betete und fastete er dafür, dass die Anschläge aufhören und die Fulaniterroristen die Region verlassen würden. Unterdessen musste die Gemeindearbeit weitergehen. Trotz der Anschlagsgefahr wollte Vincentor die Gemeindeglieder als Pastor auch weiterhin besuchen. Das war sein Auftrag, seine Berufung, sein Amt und so machte er sich auf den Weg. Dapma, Vincentors Frau, kam aufgrund der gefährlichen Situation dieses Mal nicht mit.

Kurz bevor Vincentor aufbrach, betete er noch zusammen mit seiner Frau und den vier Kindern. Eine seiner Töchter, die an dem Wochenende ihren Geburtstag feiern wollte, bat ihn inständig, zu Hause zu bleiben. Doch Vincentor machte sich auf den Weg. „Hab‘ Geduld“, versuchte Dapma ihre Tochter zu trösten, „er wird bald zurückkommen und dann können wir deinen Geburtstag feiern.“

Später am Nachmittag rief Dapma ihren Mann an. Sie war selbst unruhig und wollte sich nach seinem Ergehen erkundigen. Doch als er abnahm, merkte sie, dass er gerade rannte. „Ich rufe später zurück“, rief er außer Atem, „Fulani sind hinter uns her.“ Dapma hörte Schüsse im Hintergrund. Sie ahnte, dass er sie nicht zurückrufen würde und sie bekam Angst.

In den nächsten zwei Tagen versuchte Dapma, ihren Mann zu erreichen, ohne Erfolg. Am Montag stand dann ein Freund ihres Mannes vor der Tür. Dapma stellte sich auf das Schlimmste ein, während sie dem Bericht des Freundes zuhörte. Militante Fulani hatten Vincentor erschossen. „Gott gebührt die Ehre“, sagte sie weinend, „es war sein Weg für Vincentor.“ Obwohl die Nachricht vom Tod ihres Mannes sie total überwältigte, erlebte Dapma Gottes Kraft. „Als die schreckliche Nachricht kam, war Gottes Gnade da“, beschreibt sie die Situation. „Es war Gottes Gnade, die mich getragen hat.“

Wiedersehen im Himmel

Als die Kinder aus der Schule kamen und hörten, dass ihr Vater ums Leben gekommen war, weinten sie hemmungslos. Dapma versuchte, sich und die Kinder mit dem Gedanken zu trösten, dass ihr Vater jetzt bei Jesus im Himmel sei. „Wir bereiten uns ja auch darauf vor, an diesen Ort zu gehen“, sagte sie ihnen. „Also warum weint Ihr, wenn Ihr doch wisst, wo Papa ist? Was wir jetzt tun wollen, ist zu beten, dass Gott uns auch gnädig ist und uns die Kraft gibt, unseren Lauf zu vollenden und dann werdet ihr Papa im Himmel wiedersehen.“ Dapma wollte den Blick ihrer Kinder auf das Wiedersehen mit ihrem Vater lenken.

Mittlerweile hatte Dapma auch konkrete Informationen vom Tag des Anschlags bekommen.  Ein Kirchenleiter hatte berichtet, wie mutig Vincentor gewesen war. Er hatte erfahren, dass die Fulani bereits in der Nähe der Kirche waren und war deshalb ganz bewusst dorthin gegangen. „Wir können doch nicht hier bleiben und zusehen, wie die Gemeindeglieder sterben! Es ist besser, wenn wir zu ihnen gehen.“ Als sie bei der Kirche ankamen, waren die Angreifer schon auf dem Weg. Sie trugen schwarz-weiße Kleidung und rot-schwarze Kopfbedeckungen und kamen schwer bewaffnet auf die Kirche zu. Während einige sofort um ihr Leben rannten, blickte Vincentor sich um. Er wollte niemanden zurücklassen. Doch dann hatte er Mühe, dem bewaffneten Mob zu entkommen. Er hatte keine Kraft. Einige blieben stehen und ermutigten ihn, weiter zu rennen, aber er drängte sie zu fliehen und ihr Leben zu retten, während er zurückblieb. Bald hatten die Angreifer Vincentor erreicht und erschossen ihn und einen der Ältesten.

Praktische Hilfe

Dapma und die Kinder brauchen nun Hilfe. Unser HMK-Partner konnte ihr ganz praktisch helfen und das Haus, das die Familie zu bauen begonnen hatte, fertigstellen. Unser Partner half auch mit den Schulgebühren für die Kinder und unterstützte Dapma beim Aufbau eines kleinen Geschäfts. Mit dem Verkauf von Getränken und Souvenirtaschen kann sie die Familie ernähren. Der Verkauf hat inzwischen sogar so zugenommen, dass sie ihren Laden vergrößern musste. Dafür ist Dapma sehr dankbar. Jetzt kann sie auch das Schulgeld für die Kinder aufbringen.

Dapmas Gebet ist, dass Gott die Situation zu seiner Verherrlichung nutzen möge, dass er sich ihr und ihren Kindern in all den Schwierigkeiten neu zeigen möge, dass andere das sehen, und Gottes Name so groß gemacht wird. „Meine Hoffnung ist, dass meine Kinder großartige Menschen werden und anderen Waisen erzählen, dass man das Leben trotzdem meistern kann, wenn man nur auf Gott vertraut.“

 

Gebet statt Wut

Dapma hadert nicht mit Gott, weil ihr Mann für seinen Glauben und die Gemeinde sterben musste. „Sein Vertrauen auf Gott bis in den Tod hinein ermutigt mich sehr, denn ich weiß, wer er war. Aber es tut mir so weh, dass er nicht mehr da ist.“ Auch für die Männer, die ihren Mann so brutal ermordet haben, empfindet sie keine Wut. Sie betet, dass Gott sie verändert, und dass Vincentors Martyrium für sie zum Anstoß wird, eines Tages selbst Jesus zu folgen. Vielleicht werden sie einst sogar in Vincentors Fußstapfen treten? „Mein jüngster Sohn“, erzählt Dapma, „sagt immer wieder zu mir: ‚Mama, wir sollten für diese Fulani beten, dass sie umkehren.‘ Wenn schon ein kleines Kind so etwas sagt …“.

So wie Dapma und ihre Kinder beten, dass Gott die Herzen der Fulani anrührt und sie ihre Sünden bekennen und in den Himmel kommen, wollen auch wir beten.

Quelle: HMK Deutschland

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