19.11.2022
Kasachstan: Bankkonten von Kirche gesperrt
Seit 2017 sind Bankkonten von der Neues Leben Kirche in Talgar bei Almaty ohne nachvollziehbaren Grund gesperrt oder geschlossen worden
AKREF-A/19.11.22 - Eine rechtmäßig registrierte protestantische Pfingstkirche in Talgar in der Region Almaty im Süden des Landes kämpft schon seit 2017 darum, erneut Bankdienstleistungen in Anspruch nehmen zu können. Abgesehen von einem kurzen Zeitraum zwischen 2020 und 2021 sind seit 2017 alle Konten der Kirche entweder gesperrt oder aufgelöst. Die Banken behaupten, die Tätigkeit der Kirche wäre „verdächtig“. Ohne Bankkonto kann die Neues Leben Kirche in Talgar ihre Steuern nicht bezahlen und sie musste ihren Buchhalter ohne Entlohnung entlassen.
Im April 2017 erhielt die protestantische Neues Leben Kirche in Talgar eine Spende aus dem Ausland als Unterstützung zum Kauf eines Kirchengebäudes. Doch die Kaspi Bank betrachtete die Transaktion als verdächtig und schaltete am 17. April 2017 den damaligen Überwachungsausschuss des Finanzministeriums ein. Der Ausschuss fror die Gelder für die Dauer der Untersuchung ein. Am 2. Mai 2017 sperrte ein Bezirksgericht in Almaty die Konten der Neues Leben Kirche in Talgar bei der Kaspi Bank und berief sich auf ein Strafverfahren gegen die Neues Leben Kirche in Almaty, eine rechtlich von der Kirche in Talgar getrennte religiöse Organisation. Die Beschwerden der Kirche an die Nationalbank von Kasachstan führten nicht zu einer Freigabe der eingefrorenen Gelder. Doch im Juli 2020 gab ein Gericht einer Klage auf Freigabe der gesperrten Konten statt. Aufgrund eines Schreibens an die Kaspi Bank, dem eine Kopie der Gerichtsentscheidung beigelegt war, gab die Zweigstelle der Kaspi Bank in Talgar das Konto frei und setzte der Kirche eine Frist von drei Tagen, um die Gelder abzuheben. Nach Abhebung der Gelder wurde das Konto von der Kaspi Bank einseitig geschlossen.
Doch die Gerichtsentscheidung vom Juli 2020 markierte nicht das Ende der Probleme der Neues Leben Kirche in Talgar mit den Banken. Eine andere Zweigstelle der Kaspi Bank informierte die Kirche per Brief über die Schließung ihrer Konten. Dies könnte mit einer geheimen Liste der Finanzüberwachungsagentur zusammenhängen, in der „verdächtige“ Organisationen oder solche, die angeblich ein hohes Risiko darstellen, erfasst werden. Solche Listen werden an die Banken verschickt, damit diese die Konten der darin erwähnten Organisationen sperren. Pastor Pjotr Schelepanov erklärte am 8. November von Talgar aus gegenüber Forum 18, man hätte mehr als 10 Briefe an verschiedene staatliche Stellen, darunter die Staatsanwaltschaft und die Finanzüberwachungsagentur, geschrieben, aber keine wirkliche Antwort erhalten. Für die Kirche ist die Sperrung der Konten und Verweigerung von Bankdienstleistungen nicht nachvollziehbar.
Zwischen 2018 und Herbst 2022 wurde auch der Zentrale der Zeugen Jehovas in Kasachstan und fünf ihrer lokalen Zweige die Inanspruchnahme von Bankdienstleistungen verweigert.
Theoretisch können religiöse Organisationen auch ohne Bankkonto existieren, doch in der Praxis ist das schwierig. Riesige Probleme ergeben sich im Zusammenhang mit der Bezahlung von Steuern, kommunalen Diensten und der Leistung sonstiger Zahlungen.
Die Finanzüberwachungsagentur führt auch eine öffentliche Liste von Personen, Organisationen und verbotenen Organisationen, die mit der Finanzierung von Terrorismus oder Extremismus in Zusammenhang gebracht werden, wobei der Begriff Extremismus sehr weit ausgelegt wird. Auf der Personenliste stehen auch Gewissensgefangene und andere, die wegen der Ausübung ihres Rechts auf Religionsfreiheit für schuldig befunden und verurteilt wurden, darunter Muslime, Zeugen Jehovas und ein Siebenten-Tags-Adventist.
Quelle: Forum 18, Oslo (Bericht vom 11. November 2022).
Deutsche Fassung: Arbeitskreis Religionsfreiheit der ÖEA