30.11.2022

Deutschland: Zwölf Pastoren im Norden trugen „One Love“-Armbinde

Am 1. Advent:Pröpstin gibt Rückendeckung und kritisiert Weltfußballverband FIFA

Flensburg (IDEA) – Im Evangelisch-Lutherischen Kirchenkreis Schleswig-Flensburg haben die Pastoren von zwölf Gemeinden am 1. Advent die Armbinde „One Love“ (Eine Liebe) auf der Kanzel getragen. Das bestätigte eine Sprecherin des Kirchenkreises gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur IDEA. Wie der Kirchenkreis im Vorfeld der Aktion mitteilte, wollte man so zeigen, dass bei der evangelischen Kirche sowie bei Gott „One Love“ gelte. Zum Hintergrund: Die deutsche Fußballnationalmannschaft hatte bei ihrem Auftaktspiel in Katar auf das Tragen der Armbinde verzichtet, nachdem der Weltfußballverband FIFA die Binde verboten und mit disziplinarischen Maßnahmen gedroht hatte. Stattdessen hielten sich die Spieler beim Mannschaftsfoto den Mund zu, um gegen das Verbot zu protestieren. Die Armbinde „One Love“ richtet sich gegen die Ausgrenzung von LGBTQ-Personen (Abkürzung für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender und Queere), aber auch gegen Rassismus und Antisemitismus.

Menschenrechte sind Grundpfeiler des Christentums

Rückendeckung erhielten die Geistlichen mit Armbinde von der Pröpstin des Kirchenkreises, Rebecca Lenz (Flensburg). Sie sagte der Evangelischen Nachrichtenagentur IDEA auf Anfrage: „Als Pröpstin unterstützte ich die Initiative gern, gerade zum 1. Advent. Der Predigttext aus der Johannesoffenbarung ruft die Gemeinden dazu auf, ihre Gewissen zu schärfen und eindeutig Position zu beziehen.“ Selbstbestimmung in Sachen Liebe und Menschenrechte seien unveräußerlich und Grundpfeiler christlichen Glaubens. Kritik übte sie am Verbot der FIFA, die Armbinde zu tragen. Dies seien „unhaltbare Vorgänge“. Vor der Aktion hatte Pastor Marcus Friedrich von der St. Nikolai-Kirchengemeinde Flensburg der Deutschen Presse-Agentur (dpa) gesagt, im Ringen um Freiheit und Selbstbestimmung müsse jeder Einzelne ein Verstärker sein: „Uns kostet es wenig, ein solches Zeichen zu tragen. Die Menschen, die darum kämpfen, kostest es viel. Für die bitten wir – das ist Advent.“

Kirchliche Sammlung übt Kritik: „Missbrauch des Amtes“

Kritik an der Aktion übte der der Vorsitzende der Kirchlichen Sammlung um Bibel und Bekenntnis in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche), Pastor Ulrich Rüß (Hamburg). Die Aktion sei „billig“: „Die „One-Love“-Armbinde gehört nicht auf die Kanzel, genauso wenig wie eine Stola oder liturgische Gewandung in Regenbogenfarben.“ Beides sei ein Missbrauch des Amtes als Prediger und Seelsorger, sagte er IDEA. Rüß ergänzte: „Wenn die Pröpstin meint, dadurch würden die Gewissen geschärft und eindeutig Position bezogen, irrt sie.“ Es gelte vielmehr, sich für die Menschenrechte verfolgter Christen und ungeborener Kinder einzusetzen, die zu Hunderttausenden getötet würden: „Das entspräche deutlich eher dem christlichen Gewissen und Advent, dem Kommen Jesu in diese Welt.“