22.10.2022
Tadschikistan: Ismaelitischer Leiter zu Haftstrafe verurteilt, Gebetshäuser geschlossen
AKREF-A/F18/22.10.22 - Am 8. August 2022, nur acht Tage nach seiner Verhaftung durch die Geheimpolizei wurde Muzaffar Davlatmirov, ein respektierter 58-jähriger religiöser Leiter der Ismaeliten vom Regionalgericht Badakhshan zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Ihm wurden angebliche „öffentliche Aufrufe zu extremistischen Aktivitäten“ zur Last gelegt. Nach Angaben der unabhängigen Journalistin Sarkorova ist Muzaffar Davlatmirov ein weithin anerkannter Leiter, der die Religionspolitik der Regierung kritisiert und sich für die Beibehaltung der lokalen Traditionen des Pamir ausgesprochen hatte. Möglicherweise war einer der Gründe für seine Verurteilung die Tatsache, dass er im Mai die Gebete bei der Beerdigung von drei lokalen Leitern gesprochen hatte, die bei der gewaltsamen Niederschlagung friedlicher Proteste durch Regierungskräfte getötet worden waren. Die Niederschlagung von Protesten wird von den Behörden als „Antiterroroperation“ ausgegeben. Ein persönlicher Bekannter Davlatmirovs, der aus Furcht vor staatlichen Repressalien nicht namentlich genannt werden möchte, erklärte gegenüber Forum 18, dass dieser weder ein Extremist wäre noch zu irgendwelchen extremistischen Aktionen aufgerufen hätte. Abgesehen von der Verurteilung Davlatmirovs, haben die Behörden auch alle Gebetshäuser der Ismaeliten in der Region Berg-Badachschan und das ismaelitische Bildungszentrum in Chorugh geschlossen. Die Ismaeliten sind ein Zweig der schiitischen Glaubensgemeinschaft unter der Leitung des Aga Khan, werden allerdings von den meisten Sunniten nicht als Muslime anerkannt. Derzeit verbüßen mindestens 7 namentlich bekannte Bürger Tadschikistans Haftstrafen wegen der Ausübung ihres Rechts auf Religions- bzw. Glaubensfreiheit, darunter ein Zeugen Jehovas und sechs Muslime.
Quelle: Forum 18, Oslo (Bericht vom 21. Oktober 2022).
Deutsche Fassung: Arbeitskreis Religionsfreiheit der ÖEA