29.01.2023

Deutschland: AfD fordert internationalen Tag gegen Christenverfolgung

Zahlreiche Parteien gaben dem Antrag eine Absage

Berlin (IDEA) – Ein Antrag der AfD auf Einführung eines internationalen Tags gegen Christenverfolgung ist von den übrigen Parteien im Bundestag abgelehnt worden. Die Fraktion stellt darin fest, dass Christen „die weltweit am stärksten verfolgte Religionsgruppe“ seien.

Die Partei bezieht sich dabei auf Berichte des christlichen Hilfswerks Open Doors (Kelkheim). „Die Intensität der Christenverfolgung nimmt weltweit jedes Jahr zu. Mehr als 360 Millionen Christen sind ausdrücklich aufgrund ihres Glaubens intensiver Verfolgung und Diskriminierung ausgesetzt.“

Die Vereinten Nationen hätten bereits den 15. März zum Internationalen Tag zur Bekämpfung der Islamfeindlichkeit erklärt. Hintergrund war das Attentat von Christchurch (Neuseeland) am 15. März 2019. Damals hatte ein Mann 51 Muslime in zwei Moscheen getötet. Daher sei ein solcher Tag für die verfolgten Christen „überfällig“, sowohl mit Blick auf die Zahl der Verfolgten als auch der Getöteten. Die Terroranschläge seien die sichtbaren Auswüchse einer Tendenz der allgemeinen Abwertung des Christentums.

Die Bundesregierung könne „mit einem internationalen Tag gegen die Christenfeindlichkeit, propagiert von den Vereinten Nationen, die Initiative übernehmen“, diesem Trend Einhalt zu gebieten. Als Datum sei hierfür der 15. Februar besonders geeignet. Denn am 15. Februar 2015 habe die Terrormiliz Islamischer Staat ein Video mit der Enthauptung von 21 Christen veröffentlicht, die sich als Wanderarbeiter in Libyen aufgehalten hätten und dort den islamischen Terroristen in die Hände gefallen seien.

AfD: Auch Christen müssen unbehelligt leben können

Der AfD-Bundestagsabgeordnete Jürgen Braun erklärte zur Vorstellung des Antrags am 27. Januar, der „islamische Hass auf Christen“ sei so alt wie der Islam. Doch auch in kommunistischen Staaten wie China, Nordkorea und Kuba begegne man „massiver Christenverfolgung“. Leider beteiligten sich auch in Deutschland Politiker an der „Christenfeindlichkeit“.

Braun verwies in diesem Zusammenhang auf die Kulturbeauftragte der Bundesregierung, Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen), die die Entfernung von Bibelversen an der Kuppel des Berliner Stadtschlosses verlange. „Dabei ist keine Religion so friedlich wie das Christentum mit seiner Zurückweisung irdischer Rache.“ Nirgends lebten religiöse Minderheiten „so unbehelligt wie in christlichen Ländern“. Es sei an der Zeit, das auch für die Christen weltweit einzufordern.

SPD: Die AfD nutzt das Leid verfolgter Christen aus

Der Abgeordnete Falko Droßmann von der SPD erklärte als Reaktion auf die Vorstellung des Antrags, die AfD nutze das Leid der verfolgten Christen für ihre „eigene dunkle Ideologie“ aus und werde damit selbst zum „Verfolger“.

Die offen „gegen alle Muslime“ gerichtete Politik und der „Fundamentalismus“ der AfD könne zu Gegenreaktionen fundamentalistischer Muslime führen, die solche Anträge als Belege für eine „angebliche Islamophobie des Westens“ ansähen. Die Folgen spürten dann Christen und andere religiöse Minderheiten vor Ort.

Zudem stütze sich die AfD-Fraktion bei ihrem Antrag auf Daten „einer bekannten evangelikalen Organisation“. Die AfD und „ihre fundamentalistischen Kumpane auf der Welt stehen gegen die Kirchen, gegen die Idee des Christentums, gegen die Mehrheit dieses Hauses und gegen die Mehrheit der Menschen unseres Landes“.

CDU/CSU: Opfergruppen nicht gegeneinander ausspielen

Der religionspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Thomas Rachel, bekräftigte, dass die Verfolgung von Christen „ein schreckliches Verbrechen“. Das gelte jedoch auch für die Verfolgung der Angehörigen anderer Religionen und Weltanschauungen. Die AfD blende das jedoch „ganz bewusst aus“. Man dürfe nicht eine „Opfergruppe“ gegen die andere ausspielen.

 

Zudem gebe es mit dem Stephanustag am 26. Dezember bereits einen entsprechenden kirchlichen Gedenktag für verfolgte Christen. Wer außerdem wie die AfD „in der Vergangenheit immer wieder zum Kirchenaustritt aufgerufen“ und gegen „den öffentlich-rechtlichen Körperschaftsstatus der Kirchen polemisiert“ habe, disqualifiziere sich „als glaubwürdiger Anwalt für Kirche und Christentum in anderen Ländern“.

Grüne: Die AfD arbeitet mit übertriebenen Zahlen

Boris Mijatovic (Bündnis 90/Grüne) schloss sich seinen beiden Vorrednern an und verwies darauf, dass man sich dem Thema der Christenverfolgung „vor allem mit sachlichen Argumenten“ und nicht mit „einseitigen“ oder „übertriebenen Zahlen“ widmen müsse.

Außerdem enthalte der Antrag keine Vorschläge, wie Christen weltweit vor Gewalt zu schützen seien. Stattdessen hetze die AfD gegen eine andere Religionsgruppe.

Linke: Die AfD schürt Ressentiments gegen den Islam

Gökay Akbulut (Die Linke) erklärte, ihre Partei lehne jede Form von Diskriminierung und Gewalt gegen Vertreter oder Einrichtungen von Religionen oder Weltanschauungen ab – „und es spielt für uns überhaupt keine Rolle, ob es sich um Christen, Muslime, Buddhisten, Atheisten oder Angehörige anderer Religionen handelt“. Die AfD inszeniere sich jedoch „als Verteidigerin christlicher Werte“ und schüre „wieder einmal Ressentiments gegen den Islam“, so Akbulut.

FDP: Die Religionen sind gleichwertig

Peter Heidt von der FDP kritisierte, dass die AfD nicht verstanden habe, dass weltweit nicht nur die Opfer von Verfolgung, sondern auch die „Verfolger“ aus allen Religionen kämen.

In Nigeria habe man es beispielsweise eigentlich eher mit einem Konflikt zwischen Bauern und Hirten als zwischen den Religionen zu tun. Hintergrund sind die Konflikte zwischen christlichen Bauern und muslimischen Fulani-Nomaden in dem Land.

Die Einführung eines internationalen Gedenktags gegen Christenverfolgung werde der „Gleichwertigkeit von Religionsgemeinschaften“ nicht gerecht, sondern spiele sie im Gegenteil noch gegeneinander aus und verstärke die ohnehin vorhandenen Gräben. Die AfD tue gerade dem Christentum damit keinen Gefallen.

Der Antrag wurde im Anschluss an die Debatte an den zuständigen Ausschuss für Menschenrechte verwiesen.