31.03.2023

Ukraine: Mönche wollen ihr Höhlenkloster nicht verlassen

Kiew: Die ukrainische Regierung will die Anlage räumen lassen

Kiew (IDEA) – In Kiew tobt zurzeit ein Streit um den Besitz des Höhlenklosters, der Lawra. In der Sowjetunion wurde es in Staatsbesitz überführt, aber bisher von der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche (UOK) genutzt. Die ukrainische Regierung wirft der UOK, die sich im Mai 2022 vom Moskauer Patriarchat getrennt hatte, vor, weiterhin Russland gegenüber loyal zu sein. Deshalb hat Kulturminister Olexandr Tkatschenko die ukrainisch-orthodoxen Mönche aufgefordert, das Kloster bis zum 29. März zu räumen. Da sich diese weigerten und sich zahlreiche Gläubige mit ihnen solidarisierten, konnte dieser Beschluss bisher nicht umgesetzt werden. Die Orthodoxie-Expertin des Konfessionskundlichen Instituts des Evangelischen Bundes, Pfarrerin Dagmar Heller (Bensheim), betonte auf Anfrage der Evangelischen Nachrichtenagentur IDEA, die Bedeutung der Lawra für die UOK. Sie sei das „wichtigste Heiligtum“ dieser Kirche. Außerdem seien in einem Teil der Gebäude auch die Verwaltung, das Außenamt und der Sitz des Metropoliten, also des Oberhauptes dieser Kirche untergebracht. Darüberhinaus befänden sich dort auch deren Theologische Akademie und ein Priesterseminar.

Es geht um Politik

Die Räumung werde mit Verstößen gegen den Vertrag begründet, darunter dem nicht genehmigten Bau von Gebäuden oder Denkmälern auf dem Gelände. Trotzdem gehe sie von politischen Motiven aus, äußerte Heller. Offenbar wolle die Regierung den Einfluss von Moskau und damit von Institutionen und Personen, die Verbindungen dorthin unterhalten, unterbinden, da sie potenziell gegen die Interessen der Ukraine gerichtet sein könnten. Aus der Sicht mancher Kreise in Regierung und Gesellschaft habe sich die UOK im Mai letzten Jahres mit ihrer Unabhängigkeitserklärung von der Russischen Orthodoxen Kirche (ROK) „nicht deutlich genug von Moskau losgesagt“. Diese Kräfte innerhalb der Regierung träten deshalb für eine Stärkung der eigenständigen Orthodoxen Kirche der Ukraine (OKU) ein, da sie der UOK Verbindungen zum „Aggressor-Staat“ vorwürfen. „Interessanterweise hat der Kulturminister, nachdem zunächst von einer bedingungslosen Räumung des Klosters die Rede gewesen war, später davon gesprochen, dass die Mönche bei einem Übertritt zur OKU im Höhlenkloster bleiben dürften.“ Dass es folglich bei der Kündigung des Pachtvertrages darum gehe, die UOK bzw. ihre Angehörigen zu einem Übertritt in die OKU zu bewegen, werde durch einen Aufruf des Oberhaupts der OKU, Metropolit Epiphanius (Kiew), vom 18. März bestätigt. Darin fordert er die Mönche der Lawra zum Übertritt auf.

Die Vorwürfe sind unberechtigt

Die von der Regierung gegen die UOK erhobenen Vorwürfe sind aus der Sicht Hellers unbegründet. „Es gibt bzw. gab in der UOK einige Bischöfe, die bekanntermaßen Moskau nahestehen. Diese sind aber – soweit ich das verfolgen konnte – bereits sanktioniert worden. Sicher gibt es auch einige Priester, die russlandfreundlich gesinnt sind, aber diese sind in der Minderheit.“ Ein „pauschaler Vorwurf der Moskautreue“ gegenüber der UOK sei daher nicht gerechtfertigt.