20.11.2023

Israel: "Sie kamen nicht für einen Tag“

Zum Waffenarsenal der Hamas

(israelnetz.com Bericht von Valentin Schmid vom 20. November 2023) Das israelische Militär zeigt Waffen, die die Hamas am 7. Oktober ins Land gebracht hat. Damit hätten die Terroristen wochenlang kämpfen können. Doch manches Material wurde auch absichtlich falsch verwendet.

Die Militärbasis 6023 der israelischen Armee in Zrifin, nahe Tel Aviv. Vier völlig zerstörte Pick-up-Trucks und zwei rostige Motorräder stehen vor dem Eingang eines weißen Mannschaftszeltes. Sie deuten auf eine Ausstellung hin, die sich so nie jemand gewünscht hat. Denn es sind die Fahrzeuge, mit denen die Hamas am Morgen des 7. Oktober den Zaun nach Israel durchbrach.

Jetzt hat die Armee Journalisten eingeladen, die Ausrüstung der Terroristen zu begutachten. Oder besser gesagt: Einen Teil davon. „Wir haben hunderte verschiedene Waffen gefunden und tausende Raketen“, erklärt Oberstleutnant Idan Scharon-Kettler. „Manche auf den Pick-ups, manche an den Körpern der toten Terroristen, manche auf den Schlachtfeldern.“

Die Menge der gefundenen Waffen ließe sich unmöglich an einem Tag verfeuern. „Sie kamen nicht für einen Tag. Sie kamen, um zu bleiben. Um so viele Zivilisten wie möglich zu töten, in einem kontinuierlichen Krieg mit uns.“

Panzerfäuste aus Nordkorea

„Ich höre oft, dass Gaza als Freiluft-Gefängnis bezeichnet wird. Aber ich kenne kein Gefängnis, in das man so viele Waffen hineinschmuggeln kann.“ Scharon-Kettler zeigt auf zwei lange Reihen von Panzerfäusten – eine aus Russland und eine aus Nordkorea. Wie die in den Gazastreifen kamen, kann oder will er nicht sagen. „Wir verfolgen jetzt die Lieferketten nach.“ Das meiste Material komme aber sowieso aus dem Iran oder sei von der Hamas selbst gefertigt worden.

Im Zelt liegen Sprengsätze, die mit Hilfe von Gartenschläuchen oder 3D-Druckern hergestellt wurden. Daneben kubikmetergroße Kisten mit den Textilien der Terroristen. Die Hamas habe spezifische Rucksäcke für die verschiedenen Arten von Waffen gefertigt. „Da ist viel Geld nach Gaza geflossen. Das sind nicht einfach die Pläne einer kleinen Gruppe. Das waren Jahre des Planens und Sammelns.“

Ausrüstung absichtlich missbraucht

Es ist nicht selbstverständlich, dass die israelische Armee der Öffentlichkeit Einblicke in ihre Hallen gewährt. Im Gegenteil: Über viele Themen dürfen Journalisten erst berichten, sobald das Militär grünes Licht gibt. Dazu gehören etwa persönliche Daten über Geiseln, Cyberangriffe, Raketenangriffe auf israelische Infrastruktur, Treffen des Sicherheitskabinetts sowie Besuche von Politikern in Militärbasen. Die meisten Punkte haben strategische Gründe.

Mit der Präsentation der Hamas-Waffen werden ein weiteres Mal die Gräueltaten des 7. Oktobers unterstrichen. Der Schrecken steht auch Idan Scharon-Kettler noch ins Gesicht geschrieben. Er ist darauf spezialisiert, gegnerische Waffen sicherzustellen. Doch normalerweise tue er das im Rahmen konventioneller Kriege. „Was wir hier sehen, ist eine beachtliche Menge an Militärequipment, das dafür hergestellt wurde, Militärfahrzeuge und Panzer anzugreifen.“

Er zeigt auf einen Sprengsatz mit magnetischem Kopf, speziell darauf ausgelegt, die israelischen Merkava-Panzer lahmzulegen. „Und diese wurden an Party-Autos angewendet, an Menschen, die leben und tanzen wollten. Wir sahen, wie diese an Familien angewendet wurden, innerhalb ihrer eigenen Sicherheitsräume.“

Kommt es bald zur Geiselfreilassung? Geiseln seit sechs Wochen verschleppt (Die israelische Armee legt Bilder vor, die beweisen sollen, dass die Hamas Geiseln im Schifa-Krankenhaus festgehalten hat)

Noch immer hält die Hamas rund 240 Geiseln im Gazastreifen gefangen. Diplomatische Bemühungen zur Freilassung der Geiseln könnten bald einen erfolgreichen Abschluss finden. Doch noch gibt es Fragezeichen.

Verschiedenen Medienberichten zufolge kommt Bewegung in die Verhandlungen zur Freilassung der israelischen Geiseln im Gazastreifen. Unter anderem meldete die jordanische Zeitung „Al Ghad“, dass eine Kampfpause und die Freilassung der Geiseln am Montag bevorstünden. Die Zeitung beruft sich auf einen ungenannten Hamas-Vertreter. Israelische Beamte dementierten eine solche Vereinbarung, wie die Nachrichtenseite von „Yediot Aharonot“ am späten Sonntagabend meldete.

 

Ebenfalls am Sonntag sagte Katars Regierungschef Tamim Hamad al-Thani, dass nur noch sehr niedrige Hürden für eine entsprechende Vereinbarung zwischen Israel und der Hamas zu überwinden seien, um einige dutzend Geiseln freizubekommen. Die ungelösten Punkte seien eher praktischer und logistischer Natur. Das Emirat Katar übernimmt seit Kriegsbeginn eine Vermittlerrolle zwischen den Kriegsparteien. Der stellvertretende Nationale Sicherheitsberater der USA, Jonathan Finer, erklärte im US-Fernsehen, dass es zwar noch keine Einigung gebe, man sei aber näher vor einer Übereinkunft, „als wir es vielleicht jemals waren“:

Unabhängig von diesen Meldungen teilte das Büro des israelischen Premiers Benjamin Netanjahu (Likud) mit, dass Mitglieder des Kriegskabinetts am Montag Angehörige der Geiseln treffen wollen. Am Samstag hatten in Israel Zehntausende Menschen für eine schnelle Vereinbarung zur Freilassung der Geiseln demonstriert.

65 getötete israelische Soldaten

Nach Angaben des israelischen Militärs wurden mehrere Geiseln zeitweise im Schifa-Krankenhaus in Gaza untergebracht. Die Armee veröffentlichte am Sonntag entsprechende Aufnahmen. Diese sollen einen der entführten nepalesischen und einen thailändischen Staatsbürger zeigen. „Diese Erkenntnisse beweisen, dass die Terror-Organisation Hamas den Komplex des Schifa-Krankenhauses am Tag des Massakers als terroristische Infrastruktur nutzte“, hieß es.

Zudem veröffentlichte die Armee ein Video, das einen Tunnel zeigen soll, durch den die Terroristen unter den Krankenhauskomplex gelangt sind. Dieser soll eine Länge von 55 Metern haben und in einer Tiefe von zehn Metern liegen. Am Ende des Tunnels soll sich eine explosionssichere Tür befinden.

Währenddessen geht der Beschuss auf Israel aus dem Gazastreifen und dem Libanon weiter. Am Montag wurden erneut mehrere Raketen auf den Süden Israels abgefeuert. Unter anderem im Kibbutz Ein Haschloscha wurde Raketenalarm ausgelöst. In der Nacht zuvor hatte die Armee bei einem Luftangriff drei Hamas-Kommandeure getötet. Am Montag gab die Armee auch den Tod zweier Soldaten bekannt. Damit erhöht sich die Zahl der bei der Bodenoffensive getöteten Israelis auf 65.

Und auch aus dem Libanon feuert die Hisbollah weiter auf Israel. Seit dem 7. Oktober hat die Terrormiliz mehr als 1.000 Geschosse auf den jüdischen Staat abgefeuert. Die israelische Armee griff ihrerseits am Montag die Abschussstellungen im Süden des Libanon an. (mas)

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