02.08.2024

Äthiopien: Die Not im äthiopischen Tigray ist groß

Katholische Kirche setzt sich für traumatisierte Menschen im Tigray ein

Adigrat/Königstein (IDEA) – Der Bürgerkrieg in der Region Tigray im Norden Äthiopiens hat über einer Million Menschen das Leben gekostet. Es kam zu Verstümmelungen und Vergewaltigungen, schilderte der in dem Land tätige katholische Bischof Tesfaselassie Medhin (Adigrat) bei einem Besuch in der Internationalen Zentrale des weltweiten katholischen Hilfswerks „Kirche in Not“ (ACN) in Königstein im Taunus: „Die Menschen in Tigray haben die Hölle erlebt.“ Während des Konflikts zwischen 2020 und November 2022 sei die Region komplett abgeriegelt gewesen. Auslöser war ein Streit um die Macht zwischen der Zentralregierung unter Premierminister Abiy Ahmed und der lange in Tigray regierenden „Tigray‘s People Liberation Front“ (TPLF), der sich später auch auf weite Teile des Landes ausweitete. Zwar sei der Konflikt mit einem Friedensabkommen beendet worden, doch es komme weiter zu Auseinandersetzungen, so Medhin. Dem Bischof zufolge haben Hilfsorganisation die Region verlassen, doch einige Priester und Ordensleute – unter ihnen 30 ausländische Missionare – seien dageblieben. Ihr Einsatz habe für die Bevölkerung große Bedeutung. Obwohl die Katholiken nur ein Prozent der rund sieben Millionen Einwohner Tigrays ausmachten, habe die katholische Kirche als Träger von Einrichtungen im Gesundheits- und Bildungsbereich für 25 Prozent der Einwohner große Bedeutung.

Biblisch gestützte Traumaprogramme

Auch nach dem offiziellen Kriegsende sei der Bedarf an Seelsorge und Betreuung von traumatisierten Menschen sehr hoch. Viele könnten die erlebten Grausamkeiten nicht verarbeiten. Für sie gebe es psychologische und seelsorgerliche Hilfe. Medhin: „Eine Bewältigung der traumatischen Erfahrungen ist nicht möglich, ohne sich dem Geschehenen zu stellen. Es muss aber auch die geistliche Dimension berücksichtigt werden. Darum sind unsere Programme biblisch gestützt und werden geistlich begleitet.“ „Kirche in Not“ kündigte an, diese Arbeit finanziell zu unterstützen.

Die Probleme sind weiterhin groß

Medhin bedauerte, dass viele geflüchtete Menschen nicht in ihre Heimatorte zurückkehren könnten. Er rechnet damit, dass noch Tausende durch Gewalt, Nahrungsmittelknappheit und eine mangelnde medizinische Versorgung sterben würde. Denn nach wie vor gebe es kaum Hilfe von außen: „Wie kann die Welt da einfach nur zuschauen?“ Äthiopien ist mit rund 110 Millionen Einwohnern einer der bevölkerungsreichsten Staaten Afrikas. Über die religiöse Zusammensetzung gibt es sich stark widersprechende Angaben. Manche Quellen sprechen davon, dass 95 Prozent der Einwohner der äthiopisch-orthodoxen Kirche angehören, andere geben die Zahl der Christen mit 63 Prozent an sowie 34 Prozent Muslime.