26.03.2020

Iran: Nasrin Sotoudeh seit einer Woche im Hungerstreik

Die international bekannte iranische Menschenrechtsverteidigerin Nasrin Sotoudeh. Sie wird im Evin-Gefängnis festgehalten, sie erhielt eine willkürliche Haftstrafe von 33 Jahren und 148 Peitschenhieben.

(Frankfurt am Main, 23. März 2020 IGFM) –Iran ist aktuell neben der Volksrepublik China und Italien am stärksten von der Corona-Pandemie betroffen. Inzwischen gibt es dort mehr als 21.000 bestätigte Infektionen, die Dunkelziffer wird von Experten aber fünfmal so hoch geschätzt. Aufgrund der schlechten medizinischen Versorgung und der mangelhaften Hygiene sind die politischen Gefangenen des Landes besonders gefährdet, sich anzustecken. Am 16. März 2020 ist die prominenteste inhaftierte Menschenrechtsverteidigerin des Irans Nasrin Sotoudeh daher in den Hungerstreik getreten, um die sofortige Freilassung aller politischen Gefangenen zu fordern. „Die iranischen Gefängnisse sind überfüllt, veraltet und haben einen sehr niedrigen Hygienestandard, daher breitet sich dort das Virus sehr schnell aus – iranische Gefängnisse sind das genaue Gegenteil sozialer Isolation“, erklärt Martin Lessenthin, Vorstandssprecher der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM). Weil auch sie um ihr Leben fürchten, haben sich inzwischen mindestens drei weitere politische Gefangene Sotoudehs Hungerstreik angeschlossen.

Hälfte der politischen Gefangenen vorübergehend unter Hausarrest
Nicht selten teilen sich in iranischen Gefängnissen bis zu 60 Personen eine Zelle. Ein Sprecher der Justiz hat bekannt gegeben, dass die iranische Regierung wegen der Epidemie vorübergehend 85.000 Häftlinge freigelassen hat. Angeblich soll das die Hälfte der politischen Gefangenen betroffen haben. Darunter befindet sich zum Beispiel die iranisch-britische Journalistin Nazanin Zaghari-Ratcliffe, die nun für zwei Wochen bis zum 4. April 2020 unter Hausarrest steht und eine elektronische Fußfessel tragen muss. Sie darf die Wohnung ihrer Familie nicht verlassen. Die ehemalige Projektleiterin der Thomas-Reuters-Stiftung wurde im Januar 2017 zu einer fünfjährigen Haftstrafe verurteilt. Man warf ihr vor, dass sie gemeinsam mit Organisationen im Ausland einen Umsturz im Iran plane.„Die noch inhaftierten politischen Gefangenen haben Angst um ihre Familien und auch die Angehörigen wissen oft nicht, ob die Familienmitglieder bereits erkrankt sind“, so Lessenthin.

Mutig für Frauenrechte im Iran eingesetzt
Nasrin Sotoudeh wurde allerdings bisher nicht freigelassen. Die Rechtsanwältin hat sich aber auch in der Vergangenheit nie vom iranischen Regime einschüchtern lassen. Vor ihrer Verhaftung forderte sie vehement die Einhaltung iranischen Rechts und internationaler Mindeststandards. Als Rechtsanwältin hat sie Frauen,Menschenrechtsaktivisten und Angehörige von Minderheiten vertreten und war daher der Regierung ein Dorn im Auge. Außerdem sprach sie sich immer wieder öffentlich gegen den Kopftuchzwang aus. Im Jahr 2018 wurde zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt – ohne die Möglichkeit zu haben, selbst beim Prozess anwesend zu sein oder sich verteidigen zu können. In einem erneuten Prozess wurde die zweifache Mutter aufgrund ihres Einsatzes gegen den im Iran allgegenwärtigen Kopftuchzwang zu 33 Jahren Haft und 148 Peitschenhieben verurteilt. Nasrin Sotoudeh erhielt im Jahr 2012 vom Europäischen Parlament den Sacharow-Preis für geistige Freiheit und ist Mitglied des Kuratoriums der IGFM. Sie sitzt ihre Strafe im berüchtigten Evin Gefängnis ab.