27.05.2020

Deutschland: Neue Notunterkunft für zwangsverheiratete Migrantinnen

Die Evangelische Gesellschaft Stuttgart kooperiert mit Sozialministerium

Stuttgart (idea) – Ab dem 1. Juli bietet die Evangelische Gesellschaft Stuttgart (eva) mit „Nadia“ eine Notunterkunft für Mädchen und junge Frauen von 14 bis 27 Jahren an, die von Zwangsverheiratung bedroht sind. Bisher war nach Angaben der eva diese Möglichkeit in Baden-Württemberg noch nicht vorhanden. Insgesamt gebe es in ganz Deutschland nur an fünf Orten anonyme Notaufnahmeplätze, die auf die Bedürfnisse zwangsverheirateter Frauen ausgerichtet seien. Neben einer sicheren Unterkunft bietet Nadia jungen Migrantinnen zusätzliche Beratung. Dass dort junge Frauen bis zu 27 Jahren aufgenommen werden, ist laut der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart bundesweit einmalig. In vielen Notunterkünften gelte ein Höchstalter von 21 Jahren. Die eva kooperiert hierzu mit dem Landesministerium für Soziales und Integration. Sozialminister Manfred Lucha (Bündis 90/Die Grünen) nannte Zwangsverheiratungen „eine schwerwiegende Verletzung grundlegender Menschenrechte“, die die Integration in eine freie Gesellschaft verhinderten.

Genaue Zahlen zu Zwangsverheiratungen liegen nicht vor

Die neue Wohngruppe bietet sechs Plätze für junge Migrantinnen aus dem gesamten Bundesgebiet. Sie können bis zu zwölf Wochen dort bleiben und werden rund um die Uhr betreut. Genaue Zahlen zu Zwangsverheiratungen liegen für Baden-Württemberg nicht vor. Experten gehen von einer hohen Dunkelziffer aus. Die vom baden-württembergischen Sozialministerium finanzierte Fachberatungsstelle Yasemin verzeichnete 201 Beratungsfälle allein für das Jahr 2019. Davon waren 62 Personen unmittelbar von einer Zwangsverheiratung bedroht. Die 1830 gegründete Evangelische Gesellschaft Stuttgart ist Mitglied im Diakonischen Werk Württemberg. Zu ihr gehören etwa 150 Dienste mit etwa 1.400 haupt- und fast 1.200 ehrenamtlichen Mitarbeitern.