31.07.2021

Lugansk: Weitere christliche Texte als extremistisch eingestuft

Katholiken seit 2020 ohne Priester

Ein Gericht in der völkerrechtlich nicht anerkannten Volksrepublik Lugansk im Osten der Ukraine hat im Mai dieses Jahres vier weitere protestantische Bücher auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft für „extremistisch“ erklärt. Im Juli wurden sie vom Justizministerium auf die staatliche Liste extremistischer Materialien gesetzt. Laut Aussagen der Generalstaatsanwaltschaft würde dieser Gerichtsentscheid für die „effektive Verhütung der Verbreitung dieser extremistischen Materialien“ durch örtliche Baptisten vom Rat der Baptistengemeinden sorgen. Das ist der Bund, der von sich aus keine staatliche Registrierung anstrebt. Auf der Website der Generalstaatsanwaltschaft wurde dieses Vorgehen mit den Interessen einer nicht näher bezeichneten Personengruppe und der Volksrepublik Lugansk begründet.

Auf der im Juli aktualisierten staatlichen Liste extremistischer Materialien stehen 18 protestantische Publikationen, darunter auch die Russische Synodale Übersetzung des Johannesevangeliums, und 6 Publikationen der Zeugen Jehovas. Die Russische Synodale Bibelübersetzung wird von Orthodoxen, Katholiken und Protestanten gleichermaßen verwendet. Die neu auf die Liste extremistischer Materialien gesetzten Bücher sind „Jesus unser Schicksal“ von Wilhelm Busch, „Die Tür ist offen“ von Charles Spurgeon, „Zum Dasein verflucht?“ von Wolfgang Bühne und „Geboren um zu sterben?“ von Billy Graham, jeweils in russischer Sprache. Die schon seit Juli 2018 als extremistisch eingestuften und daher verbotenen Texte der Zeugen Jehovas sind deren Neue Welt Übersetzung der Bibel, die Zeitschriften „Erwachet“ und der „Wachtturm“, sowie die Website jw.org und eine Handy App.

Die zwei katholischen Pfarren in der selbsternannten Volksrepublik sind seit Monaten ohne Priester, da Pfarrer Grzegorz Rapa im Februar 2020 seine Pfarre verlassen musste und an der Rückkehr gehindert wurde. „Die Katholiken in Lugansk sind sehr traurig und leiden darunter, dass sie keinen Priester haben“, erklärte Repa, der im Herbst versuchen will, eine Erlaubnis zur Rückkehr zu erwirken. Diese wurde trotz mehrerer Versuche seitens des katholischen Bischofs Jan Sobilo bisher nicht erteilt. „Die Behörden antworten nicht auf unsere Ansuchen“, erklärte Bischof Sobilo gegenüber Forum 18. Die bisher letzte römisch katholische Messe in Lugansk wurde im April 2020 gefeiert. Seither können die Katholiken von Lugansk nur orthodoxe Gottesdienste besuchen. Für die Beichte steht nur der griechisch katholische Priester zur Verfügung. Überdies haben die Behörden der VR Lugansk Bischöfen der ukrainisch orthodoxen Kirche die Einreise verweigert.

In der VR Lugansk dürfen sich mehrere Religionsgemeinschaften nicht betätigen, so auch die Gemeinden des ukrainischen Baptistenbundes, der im Juli 2018 als „destruktive“ und „extremistische“ Organisation verboten wurde. Es gibt in der selbsternannten Volksrepublik keine einzige registrierte Baptistengemeinde.

Quelle: Forum 18, Oslo (Bericht vom 30. Juli 2021)

Deutsche Fassung: Arbeitskreis Religionsfreiheit der ÖEA