06.10.2021

Myanmar: Christen in Not

Wie geht es den Christen in Myanmar (früher Burma) nach dem Militärputsch? Ein Beitrag von Traugott Farnbacher für Idea. Er war Referatsleiter für Pazifik und Ostasien in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern.

Obwohl der Militärputsch (1. Februar) in Myanmar für Millionen Menschen Anarchie bringt, findet diese Notlage in unseren Medien kaum mehr Beachtung. Die Lebensmittelversorgung, das Gesundheits- und Bildungswesen Myanmars sind zusammengebrochen. Brach liegen auch die Infrastruktur, Dienstleistungen und das Finanzwesen. Fast nur noch bei den Militärs findet sich „Arbeit“. Die Nationale Einheitsregierung (NUG) der rechtmäßig Gewählten im Exil hat für Myanmar den Notstand ausgerufen, ist jedoch gelähmt.

Unterdrückung und Perspektivlosigkeit

In einem ersten digitalen Austausch seit dem Putsch mit Verantwortlichen der lutherischen Mara Evangelical Church (MEC/Evangelische Kirche der Mara) erfahren wir MEC-Freunde viel über die aktuelle Not: Zum einen breitet sich in dem zu 90 Prozent christlichen Chin-Staat, in dem die Mara vor allem leben, Corona aus. Viele starben, unter ihnen über 150 Pastoren. Es fehlt an Schutzausrüstung und Impfstoffen.

Große Sorgen bereiten sich wegen Unterdrückung und Perspektivlosigkeit bildende Widerstandsgruppen. Die Militärs sind überall präsent. Unkontrollierbare Eskalationen stehen bevor. Angst und Gewalt bestimmen den Alltag. Die Christen befürchten einen landesweiten Bürgerkrieg. Laut dem „Barnabas Funds“ verunstaltete das Militär in den Chin-Dörfern Taal, Chat und Falam Kirchen, vernichtete Bibeln und Gesangbücher, zerstörte Tierhaltungen und verprügelte Bewohner. Über 100 Zivilisten aus der Chin-Region wurden seit dem Putsch getötet. Die Militärs fackelten einige Dörfer, auch Städte in Chin teils oder ganz ab. Auch die christlich geprägten Staaten Kachin und Karen erleben Wellen von Gewalt. Wegen der Notlagen haben MEC-Verantwortliche für ihre Gemeinden ein Dutzend regionaler Friedensausschüsse gebildet: Auch wenn Dialoge zwischen NUG und Junta derzeit unmöglich sind, verhandelt man lokal, um Gemeinden, Güter und Leben zu retten: Der MEC-Zentralort Lailenpi und andere Kommunen sollen kampffreie Zonen bleiben.

Indien lässt offiziell keine Myanmar-Flüchtlinge ins Land, auch wenn dort bereits etwa 20.000 unter erbärmlichen Umständen um ihr Überleben ringen, darunter Hunderte MEC-Mitglieder.

Bitte betet!

Auch wenn die MEC wegen der Corona-Krise keine Gottesdienste und andere Veranstaltungen anbieten kann, so hat die Kirchenleitung doch reagiert: Täglich werden in größeren Gemeinden per Lautsprecher Mutmach-Andachten abgehalten. Die MEC hatte den September zum „Erweckungsmonat“ erklärt: Alle Mitgliedsfamilien der rund 200 Gemeinden haben jeden Morgen häusliche Gebetszeiten. Unter Leitung der Ältesten treffen sich Kleingruppen in jeder Kirche zu Gebet und Stärkung des Glaubens in schlechten Zeiten – mit der Hoffnung, Gott möge die Not wenden. Eine Abteilung der MEC erarbeitet eine Strategie für Ernährung in der Krise. Die MEC hat kürzlich in Lailempi ein eigenes Krankenhaus unter dem Namen „Golgatha“ zur Akuthilfe errichtet. Die Christen bitten uns, für sie zu beten: für ihr geistliches Leben, die Covid-Bekämpfung, Bewahrung vor einem flächendeckenden Bürgerkrieg, Grundversorgungen, Freilassung politischer Gefangener. Man ersehnt sich eine geistliche Solidarität der Ökumene. An die vor zehn Jahren unter Schirmherrschaft des „Mekong Mission Forum“ gegründete Föderation der vier lutherischen Kirchen in Myanmar werden Mittel von Auslandspartnern geleitet. Auf privater Basis leiten auch wir als MEC-Freunde – vermittelt über eine Gemeinde der Landeskirche in Braunschweig – Geldmittel an die MEC weiter.

Einwohner Myanmar: 57 Millionen

Buddhisten: 88 Prozent

Christen: 6 Prozent

Muslime: 4 Prozent

Hindus u. a.: 2 Prozent