07.10.2021

Nordsyrien: Türkei siedelt radikale Muslime in besetzten Gebieten an

Menschenrechtler: Jesiden und Christen mussten vor Gewalt fliehen

Göttingen (IDEA) – Die Türkei siedelt in den in Nordsyrien besetzten Gebieten radikale sunnitische Muslime an, um dort ihre Position zu festigen. Das berichtet die Gesellschaft für bedrohte Völker (Göttingen). Anlass ist die Invasion türkischer Truppen vor zwei Jahren (9. Oktober). Laut der Menschenrechtsorganisation wurde die ethnische und religiöse Vielfalt in der Region durch die Besetzung zerstört. Alle jesidischen und christlich-orthodoxen Familien hätten vor der Gewalt der türkischen Armee und ihrer islamistischen Verbündeten fliehen müssen. „Der türkische Präsident Erdogan hat in Nordsyrien Fakten geschaffen, die mit jedem weiteren Tag der Besatzung schwerer umzukehren sind“, erklärte der Nahostexperte der Organisation, Kamal Sido. Hunderttausende Vertriebene, darunter Jesiden, Kurden, assyrisch/aramäische sowie armenische Christen lebten in Zelten in der Provinz Al-Hasaka im Nordosten Syriens oder hätten das Land in Richtung Europa verlassen. Nun nehme die Türkei den Rest der Provinz in den Blick. „Die Türkei möchte auch diesen letzten multiethnischen und multireligiösen Teil Syriens erobern und wieder Hunderttausende Menschen vertreiben“, so Sido. Nach inoffiziellen Schätzungen lebten bis zum Beginn des syrischen Bürgerkriegs etwa 120.000 Christen in der Provinz Al-Hasaka. Die Gesellschaft für bedrohte Völker kündigte zum 2. Jahrestag der türkischen Invasion in Nordsyrien Mahnwachen an verschiedenen Orten an, darunter am 9. Oktober um 12 Uhr am Brandenburger Tor in Berlin.