20.10.2021

Österreich: Stark für das Leben!

In Wien protestierten Lebensrechtler am 16. Oktober gegen Abtreibung und Euthanasie. Sofia Hörder war vor Ort und schildert ihre Eindrücke.

Mehr als 2.500 Menschen kamen in Wien zusammen, um sich für den Schutz des Lebens ungeborener Kinder und der Schwächsten in unserer Gesellschaft einzusetzen. Doch die friedliche Gruppe – darunter auffallend viele Familien mit Kindern und Jugendlichen – sahen sich mit einer aggressiven Gegendemonstration von schwarz-bekleideten und maskierten Unruhestiftern konfrontiert. Mit dem Slogan „‚Marsch Fürs Leben‘ die Hölle heiß machen!“ rief die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH) Wien auf sozialen Medien zur Gegendemo auf. Die von öffentlichen Geldern finanzierte ÖH bediente sich einer unangemessen harten Sprache. Auf Instagram schrieb sie: „Bildet Banden, stellen wir uns ihnen gemeinsam in den Weg!“ Einige Gegendemonstranten mussten von der Polizei weggetragen werden. Diese heftige Reaktion auf eine friedlich demonstrierende Gruppe ist erstaunlich. Überraschend ist allerdings auch die Berichterstattung über das Ereignis. Die Schlagzeilen in Österreich malten ein verzerrtes Bild: „Rechte Abtreibungs-Demo legte City lahm“ (OE24) und „Abtreibungsgegner schicken Kinder bei Demo in Wien vor“ (Heute).

In Deutschland machen Lebensrechtler ähnliche Erfahrungen

Auch in Deutschland machte Pavica Vojnović, Leiterin einer „40 Tage für das Leben“-Gruppe, diese Erfahrung. Sie organisierte stille und friedliche Gebetsmahnwachen auf der gegenüberliegenden Straßenseite einer Abtreibungsorganisation in Pforzheim. Die Rechtsabteilung der Stadt hatte zunächst – wie ein interner Schriftwechsel belegt – den Standpunkt, dass dies zu gestatten sei. Die Gebetstreffen fanden statt. Doch auf massive Intervention der Abtreibungsorganisation hin wurde die Gruppe 2019 des Platzes verwiesen. Seitdem müssen die Mitglieder außer Sicht- und Hörweite der Abtreibungsberatungsstelle bleiben. Daher ging Vojnović vor Gericht, um die Auflage der Stadt anzufechten und sich für den Schutz der Grundrechte aller auf Meinungs-, Versammlungs- und Religionsfreiheitfreiheit einzusetzen. Auch dort wurden die stillen Beter als Aggressoren dargestellt. Und in der lokalen Berichterstattung wurde die Einschränkung der Grundrechte der Beter kleingeredet.

Ein Bewusstsein für die Gefahren von Abtreibung und Euthanasie schaffen

Die Reaktionen zeigen, dass das Verständnis für die Beweggründe der Lebensschutz-Demonstranten fehlt. Gerade deshalb sind Veranstaltungen wie der „Marsch fürs Leben“ oder die Gebetsmahnwachen notwendig, denn sie schaffen ein wichtiges Bewusstsein. Menschen, die sich für den Schutz des Lebens aussprechen, werden als Frauenhasser und Extremisten dargestellt. Dabei machen sie auf wichtige Aspekte der Gefahren von Euthanasie oder Folgen einer Abtreibung aufmerksam und handeln damit genau gemäß dem staatlichen Schutzauftrag für das Leben. „Viele Frauen ahnen ob ihrer Not gar nicht, wie schwerwiegend das Trauma nach einer Abtreibung ins eigene Leben wirken kann. In Schulen wird jungen Menschen Abtreibung oft einfach nur als eine Verhütungsoption von vielen dargestellt”, wie die Vorsitzende der Stiftung „Ja zum Leben“, Marie-Elisabeth Hohenberg, dazu sagt.

Keine Gebete vor Abtreibungsberatungsstelle erlaubt

Doch momentan haben Vojnović und ihre Mitbeter nicht die Möglichkeit, in der Nähe der Abtreibungsorganisation ein Zeichen für das Leben zu setzen. Denn anders als das Verwaltungsgericht in Regensburg, welches vergangenes Jahr in einem ähnlichen Fall für die Freiheit entschied, wies das Verwaltungsgericht Karlsruhe die Klage von Frau Vojnović ab. Und ungeachtet der grundsätzlichen Bedeutung der Sache ließ das Verwaltungsgericht die Berufung nicht zu. Frau Vojnović stellte also zunächst den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil ein. Sie erhofft sich Erfolg in einer höheren Instanz.

 

Alle Meinungen müssen artikuliert werden können

Der freie Wettbewerb der Ideen ist ein Grundpfeiler für ein pluralistisches, demokratisches Gemeinwesen. Es ist wichtig, dass Chancengleichheit herrscht und alle Meinungen Raum erhalten. Wenn man sieht, dass Menschen für einen beten oder für den Schutz des Lebens auf die Straße gehen, kann das – genau wie eine Beratung – ein wichtiger Denkanstoß für eine lebensverändernde Entscheidung sein. Die Politik muss sich sowohl für den Schutz der Gesetze als auch der Schutzbedürftigen einsetzen. Auch die Medien sollten ihrem Auftrag, fair zu informieren, nachkommen. Menschen durch Gebets-Bannmeilen, Störattacken und tendenziöse Berichterstattung daran zu hindern, ihre Überzeugungen friedlich kundzutun, macht uns alle ärmer.

(Die Autorin, Sofia Hörder, ist Mitarbeiterin der christlichen Menschenrechtsorganisation ADF (Allianz zur Verteidigung der Freiheit) in Wien.