12.09.2004

TÜRKEI: Polizei bekämpft türkische Nationalisten vor einer Kirche in Istanbul

ISTANBUL, 05.09.2004/Reuters Die Polizei benutzte Pfefferspray und Schlagstöcke am 05. September um an die 1000 türkischen Ultranationalisten, die gegen den ökumenischen Patriarchen Bartholomaios )der Patriarch der nicht autokephalen Orthodoxen Christen in der ganzen Welt) mit Sitz in Istanbul protestierten, zu bändigen.

Ultranationalisten in der fast ausschließlich islamischen Türkei stellen sich dagegen, der griechisch-orthodoxen Kirche die Genehmigung zu erteilen, Land zu besitzen und reagierten auf Berichte, dass die Regierung auf der Insel Heybeli (Chalki) in der Nähe von Istanbul die Wiedereröffnung eines geschlossenen orthodoxen Priesterseminars erlauben möchte, erbost.

Die Demonstranten, die Slogans skandierten und Nationalflaggen schwangen, hängten eine Puppe, die den Patriarchen darstellte, an einen Baum und setzten sie in Flammen. Ihre Proteste richteten sich auch gegen die steigende Zahl von Ausländern, die sich Grundbesitz in der Türkei aneignen. Die Demonstranten stießen, nachdem sie am Einmarsch in die Kirche am Bosporus im Distrikt Fender, Istanbul - wo auch die Büros des Patriarchen untergebracht sind - gehindert wurden, mit der Polizei zusammen. Das türkische Fernsehen berichtete, dass die Polizei eine große Zahl der Protestanten festgenommen habe.

Das Chalki Seminar ist eine heikle Angelegenheit für die Türkei, die im Bestreben, die Beitrittsgespräche zur Europäischen Union im Dezember beginnen zu können, eine Flut von politischen Reformen unternommen hat. Der EU-Mitgliedsstaat Griechenland verlangt schon seit langem die Wiedereröffnung des Seminars. Patriarch Bartholomaios beklagte kürzlich in einem Interview mit Reuters, dass seine Kirche trotz der Regierungsreformen noch immer mit legalen und verwaltungstechnischen Hindernissen zu kämpfen hat.

Istanbul - ehemals Konstantinopel - war bis zur Einnahme durch die islamischen ottomanischen Türken 1453 das Zentrum der Ostchristenheit gewesen. Nur eine winzige Minderheit an Christen ist noch im Land wohnhaft. Religionsfreiheit wird eines der heißesten Themen auf der Liste vom Erweiterungskommissar Günter Verheugen sein.