08.04.2007

Libanon: Christen verlassen den Libanon in Scharen

B e i r u t (idea) Stand: 18.03.2007 (16:50)– Immer mehr Christen verlassen den Libanon. In den
vergangenen zwei Jahren sind rund 300.000 Kirchenmitglieder ausgewandert. Alle Kirchen
zusammen haben heute nur noch etwa 1,3 Millionen Mitglieder – das sind etwa 30 Prozent der
vier Millionen Libanesen. Vor fünf Jahren waren es rund 40 Prozent. Die meisten Einwohner
sind Moslems. „Wir Christen befinden uns in einer sehr kritischen Phase“, sagte der leitende
Pfarrer der größten evangelischen Kirche im Libanon, Habib Badr (Beirut), in einem
idea-Gespräch.
Als Ursache für die anhaltende Auswanderung nennt er neben wirtschaftlichen, sozialen und
politischen Gründen auch den „unvorstellbaren Hass, der uns täglich in den Verlautbarungen
radikaler Islamisten begegnet“. Die religiösen Spannungen würden dadurch verschärft, dass
Christen eher politisch liberal und demokratisch eingestellt seien, während Moslems eine
islamische Gesetzgebung anstrebten. Langfristig könne dies dazu führen, dass Christen zu
Bürgern zweiter Klasse würden. Badr appellierte an den Westen, die libanesischen Kirchen
politisch und finanziell zu unterstützen, damit sie „dem Hass mit Liebe begegnen“ können.
Schulen und Krankenhäuser verbesserten nicht nur die Lage der Christen, sondern dienten der
gesamten Bevölkerung.
Für ein Ende des Blutvergießens
Badr äußerte sich auch zu den israelischen Militärschlägen nach der Entführung von zwei
Soldaten im vergangenen Sommer. Die meisten Christen hätten zwar Verständnis für die
Reaktion gehabt hätten, die Angriffe aber als unverhältnismäßig hart empfunden. Sie hätten
viele Unschuldige getroffen. Die meisten Libanesen – Christen, Drusen und sehr viele Moslems
– wollten ein Ende der blutigen Auseinandersetzungen mit Israel. Dafür setzten sie sich auf
demokratisch-politischem Weg ein. Nur die Hisbollah wolle militärisch gegen Israel kämpfen. Dafür erhalte sie ständig neue Waffen aus Syrien und dem Iran. Badr ist auch Vorsitzender des
Verwaltungsrats des christlichen Fernsehsenders SAT7 und stellvertretender Vorsitzender des
Missionsrats des Evangelischen Missionswerks in Südwestdeutschland.