07.08.2007

Pakistan: Muslime entschuldigen sich für Angriff auf Heilsarmee

Christen vergeben Angreifern – Keine Entschädigungsleistungen für zerstörtes Inventar

Pakistan: Muslime entschuldigen sich für Angriff auf Heilsarmee

Christen vergeben Angreifern – Keine Entschädigungsleistungen für zerstörtes Inventar

ISTANBUL, 18. Juli 2007 – Muslime haben sich im pakistanischen Punjab für einen Anschlag
auf eine Kirche der Heilsarmee am 17. Juni entschuldigt. Allerdings boten sie keine
Entschädigungszahlungen an die sieben verletzten Christen und für die Beschädigung von
Büchern und des Gebäudes an. Die Muslime von Chak 248, einem Dorf nördlich von
Faisalabad, gaben auch zu, einer ihrer Mitbürger hätte geplant, ein Blatt des Korans zu
verbrennen und anschließend die christliche Gemeinde für diese Tat verantwortlich zu machen,
um den Christen „eine Lehre zu erteilen“. Nach pakistanischem Recht wäre die Tat eine
Gotteslästerung, die mit lebenslanger Haft bestraft werden kann. „Es tut uns Leid und wir
versprechen, dass das in Zukunft nicht mehr passiert“, äußerte Faizur Rehman, einer von 41
Muslimen, am 28. Juni in einer notariell beglaubigen eidesstattlichen Erklärung. Wie der
Informationsdienst Compass Direct von Khalil Tahi Sindhu, dem Anwalt der christlichen
Gemeinschaft, bei einem Treffen der christlichen und der muslimischen Gruppe erfuhr, haben
die Christen den Tätern vergeben. Beide Parteien hätten ihre Anzeigen zurückgezogen, in denen
sie sich gegenseitig vorwarfen, die Gewalt angestiftet zu haben. Der Anwalt sei jedoch gegen
eine außergerichtliche Einigung. In Anbetracht der gespannten Atmosphäre beim Thema
„Blasphemie“ und der wegen des Vorgehens der Regierung gegen die Rote Moschee in
Islamabad aufgebrachten muslimischen Extremisten, sagte Rechtsanwalt Sindhu, die
außergerichtliche Regelung in Chak 248 sei zwar unfair, aber besonnen. Aus der eidesstattlichen
Erklärung geht auch die Voreingenommenheit der Polizei gegen die Angehörigen der
Heilsarmee hervor. Bei der Aufnahme der Anzeige gegen die Muslime habe der Polizeibeamte
Rana Attaur Rehman fälschlicherweise geschrieben, dass die Beschwerdeführer – also die
Christen - in der Hoffnung, im Ausland Asyl zu erlangen, den Vorfall zu einem religiösen
Thema gedreht hätten.
Genehmigte Predigt vom Dach
Mit Gewehren, Äxten und Stöcken stürmte eine Gruppe militanter Muslime am 17. Juni, gegen
17.00 Uhr - eine Stunde vor Beginn einer evangelistischen Veranstaltung – die einzige Kirche
von Chak. Viele Bibeln und Gesangsbücher wurden zerstört. Durch Axthiebe wurden einige
Christen verletzt. Am Abend zuvor waren Bewaffnete in das Haus von Sawar Masih
eingedrungen, der zu den Organisatoren der Missionsveranstaltung gehörte. Sie verletzten
seinen Sohn Shahbaz und seine Tochter Robeela und forderten ihn auf, das Treffen abzusagen.
Den weniger als 50 christlichen Familien in dem Zehntausend-Seelen-Ort war jedoch genehmigt
worden, die Predigt vom Kirchendach aus über Lautsprecher auszustrahlen.
Hintergrund:
Der Vorwurf der Blasphemie gegen den Koran löst in Pakistan oft Gewalttaten aus. Im Oktober
2006 versuchten über 500 Muslime in Faisalabad, zwei ältere Christen zu töten, denen die unabsichtliche Verbrennung von Koranseiten vorgeworfen wurde. In einem Prozess, den
religiöse Extremisten begleiteten, wurden James und Buta Masih zu zehn Jahren Haft verurteilt.
Kritiker der pakistanischen Blasphemiegesetze haben darauf hingewiesen, dass diese leicht zu
missbrauchen sind und oft Unschuldige aufgrund unbewiesener Anschuldigungen ins Gefängnis
kommen. Das Parlamentsmitglied M. P. Bhandara aus der in Pakistan winzigen Gemeinschaft
der Parsen, strebte im Mai eine Gesetzesänderung an, da durch diese Gesetzgebung
Nichtmuslime diskriminiert werden. Denn für die Beleidigung des islamischen Propheten
Mohammed ist die Todesstrafe vorgesehen, wonach die Beleidigung anderer
Glaubensrichtungen nur geringfügig bestraft werde. „Der Islam ist unsere Religion und solche
Gesetzesvorlagen verletzen unsere Gefühle“, so die Reaktion des Ministers für
Parlamentsangelegenheiten, Dr. Sher Afgan Khan Niazi.
Compass Direct