02.06.2007

Irak: In Bagdad entführter Priester ist frei

Militante Islamisten glauben, Christen seien Verbündete der USA

Irak: In Bagdad entführter Priester ist frei

Militante Islamisten glauben, Christen seien Verbündete der USA

ISTANBUL, 24. Mai 2007 – Ein im Irak entführter chaldäischer Priester wurde am 21. Mai
freigelassen. Zwei Tage zuvor war Vater Nawzat Hanna (38) in Bagdad von bislang
Unbekannten verschleppt worden. Weihbischof Shlemon Warduni berichtete dem
Informationsdienst Compass Direct, Hanna sei „ein klein wenig" gefoltert worden, musste aber
nicht im Krankenhaus behandelt werden. Der Bischof sei überzeugt, dass es bei der Entführung
um die Erpressung von Lösegeld ging. Christen hatten berichtet, dass ein sechsstelliger Betrag
gefordert wurde. Den habe die Kirche nicht zahlen können. Möglicherweise sollten die Christen
auch gezwungen werden, Bagdad zu verlassen. „Die Leute sagen: ´Wenn der Priester weg ist, weswegen bleiben wir dann hier?´", erklärt der Bischof. Noch würde fast die Hälfte der
Gemeinde Hannas, die aus ca. 700 Familien bestehen soll, regelmäßig die Messe besuchen.
Nawzat Hanna ist mindestens der sechste chaldäische Priester, der im vergangenen Jahr in
Bagdad entführt und wieder freigelassen wurde. Die anderen fünf sind in die nordirakische
Kurdenregion oder ins Ausland gegangen, um Banden und militanten Islamisten zu entgehen. Es
gäbe nicht genug Priester, die ihren Dienst in Bagdad fortführen.
Islamisten sehen in Christen Amerikaverbündete
Bischof Warnuni bestätigte Berichte, wonach militante Muslime begonnen haben, in
verschiedenen Gebieten Bagdads von Christen eine islamische Kopfsteuer (Jizya), die
Nichtmuslimen auferlegt wird, zu verlangen. Christen würden angewiesen, ihre Häuser zu
verlassen, Muslime zu werden, die Jizya zu bezahlen oder man werde „ihre Töchter nehmen,
sagte Waduni. „Das ist Verfolgung." Ein kirchliches Flüchtlingskomitee meldete, 190
christliche Familien seien aus dem Stadtviertel Dora seit einem Monat geflohen, weil sie die
Jizya nicht zahlen oder zum Islam übertreten wollten. Teil des Problems sei, so Weihbischof
Warduni, dass Muslime glauben würden, Christen würden mit den USA sympathisieren. Das
wiederum führe zu anti-amerikanischen Angriffen auf die christliche Gemeinde des Iraks oder
auch zu Entführungen. Die Entführer würden annehmen, dass Christen vermögend seien, weil
sie aus dem Ausland unterstützt würden. Die Mehrheit der in Bagdad verbleibenden Christen
hat nicht die Mittel für die Fahrt ins Ausland oder in den Nordirak, wo die
Lebenshaltungskosten in den letzten Monaten in die Höhe geschossen sind. Warduni bittet die
Christen weltweit, alles für die Sicherheit aller Religionen und ethnischen Gruppen zu tun. Nach
einer Schätzung der Vereinten Nationen würden zwei Millionen irakische Flüchtlinge im
Ausland leben und weitere 1,9 Millionen seien Binnenflüchtlinge. Von den 26,7 Millionen
Einwohnern im Irak sind 95 Prozent Muslime. 450.000 Christen leben verstreut im Irak.
Compass Direct/OpenDoors