20.06.2007
Malaysia: Bundesgerichtshof verweist Christin an ein Schariagericht
Lina Joy kämpft um Anerkennung ihrer Konversion vom Islam zum Christentum
Malaysia: Bundesgerichtshof verweist Christin an ein Schariagericht
Lina Joy kämpft um Anerkennung ihrer Konversion vom Islam zum Christentum
KUALA LUMPUR, 5. Juni 2007 – Ob in Malaysia die Konversion einer Muslima zum
Christentum rechtlich anerkannt wird, hängt von einem islamischen Scharia-Gericht ab. Das
entschied am 30. Mai 2007 der Oberste Gerichtshof als höchste Instanz im Fall Lina Joy. Die
43-Jährige kämpft seit sieben Jahren dafür, ihren Religionswechsel rechtlich anerkennen zu
lassen und die Religionszugehörigkeit Islam aus ihrem Ausweis streichen zu lassen. Das Gericht
gab damit der Forderung des nationalen Einwohnermeldeamtes nach, wonach ein
Scharia-Gericht erklären müsse, dass Frau Joy keine Muslimin mehr sei. Ein Schariagericht ist
nur für Muslime zuständig. Wenn Frau Joy den Beschluss eines Scharia-Gerichts einholen
müsse, so die National Evangelical Christian Fellowship gegenüber dem Informationsdienst
Compass Direct, dann sei das so, als solle jemand, der seine Religion verlässt um sich dem
Islam zuzuwenden, zuerst einmal um die Erlaubnis seiner/ihrer religiösen Leiter bitten. Eine
Verhandlung vor einem Scharia-Gericht lehnt Frau Joy ab. Aus Sicherheitsgründen ist sie
untergetaucht. Joy, die früher Azlina binti Jailani hieß, wurde 1990 Christin und 1998 getauft.
Eine Namensänderung wurde am 22. Oktober 1999 genehmigt. Gemäß einer Vorschrift muss im
Ausweis eines Muslims die Religionszugehörigkeit stehen. Joys neuer Pass wies sie noch als
Muslim aus. Da das Einwohnermeldeamt eine Änderung des Eintrags ablehnte und darauf
bestand, Joy müsse über ihre Apostasie (Abfall vom Glauben) die Bescheinigung eines
Scharia-Gerichts vorlegen, beschloss sie, ihren Fall vor Gericht zu bringen. Mehrere Instanzen
hatten ihre Anträge abgelehnt. Am Tag der Urteilsverkündigung verfolgten Hunderte von
Muslimen vor dem Justizpalast die Vorgänge im Gerichtssaal und bejubelten das Resultat des
Rechtsfalles mit "Allahuakbar"[Allah ist groß]-Rufen.
Hintergrund:
Der Islam ist in Malaysia Staatsreligion. Die Konversion von Muslimen zu einer anderen
Religion ist verboten und wer dabei erwischt wird, wie er einem Muslim von Jesus erzählt, kann
mit einer Geldbuße und bis zu zwei Jahren Gefängnis bestraft werden. Die mehrheitlich
muslimischen Malaien dürfen in den Schulen muslimischen Religionsunterricht erhalten; die
anderen Religionen haben dieses Recht nicht. Rechtlich gesehen, darf Joy keine Ehe mit einem Nichtmuslim eingehen - außer er konvertiert zum Islam. Ihre Kinder würden dann automatisch
Muslime sein. Der Fall könnte sich auswirken auf weitere Streitfragen, in denen es um die
Zuständigkeit von zivilen oder Scharia-Gerichten bzw. um die Religionsfreiheit geht. Im Fall
der Frauen S. Shamala and R. Subashini stellte sich die Frage der Gerichtsbarkeit im
Zusammenhang mit dem Sorgerecht nach dem Übertritt ihrer Ehemänner zum Islam. In einem
anderen Fall wurde Siti Fatimah von ihrer Familie getrennt und in ein religiöses
Umerziehungslager geschickt, als die islamischen Behörden feststellten, dass sie einen
Nichtmuslim geheiratet hatte. Die Erziehung ihrer Tochter als Muslima wurde ihrer Mutter
übertragen. Von den 24,8 Millionen Einwohnern Malaysias sind 60 Prozent Muslime, 19
Prozent Buddhisten, neun Prozent Christen, sechs Prozent Hindus. Der Rest gehört anderen
Religionen oder Stammeskulten an.
Compass Direct