19.11.2007

Deutschland: Christen und Muslime, beide brauchen Glaubensfreiheit

Wolfgang Huber: Ja zum Moscheenbau und zum Religionswechsel

Deutschland: Christen und Muslime, beide brauchen Glaubensfreiheit

Wolfgang Huber: Ja zum Moscheenbau und zum Religionswechsel

Dresden(idea) - 4.11.07 – Die EKD setzt sich für die Religionsfreiheit als universales
Menschenrecht für Christen wie für Muslime ein. Das gilt für den Moscheebau in Deutschland
ebenso wie für die ungehinderte Religionsausübung von Christen in muslimischen Ländern.
Das hat der EKD-Ratsvorsitzende, Bischof Wolfgang Huber (Berlin), am 4. November in
seinem Bericht vor der EKD-Synode in Dresden betont.
„Wir finden uns nicht damit ab“, so Huber, „dass es insbesondere Christen sind, die in der
heutigen Welt unter Einschränkungen und Verletzungen dieses Menschenrechts zu leiden
haben.“ Auch dürften Muslime, die in Deutschland zum Christentum übertreten, genauso
wenig bedrängt werden wie Christen, die Muslime werden. Kritische Äußerungen zu
bestimmten Entwicklungen im Islam entstammten nicht durchgängig, wie manchmal behauptet
werde, rechtsextremen Einstellungen oder einer unbegründeten Angst vor dem Islam. Huber
ging auch auf einen Brief von 138 Islam-Gelehrten aus aller Welt ein, den diese am Ende des
Fastenmonats Ramadan als Friedens- und Verständigungsinitiative an die Christenheit
gerichtet hatten. Dieser Impuls verdiene Respekt und kritische Auseinandersetzung, so Huber.
Er verwies unter anderem darauf, dass im Originaltext das arabische Wort „da'wa“ stehe, das
den „Ruf zum Islam“ bezeichne. Dies Dokument mache also keine Abstriche an der
Vorstellung von der Endgültigkeit und Unüberbietbarkeit des Islam. Auch hätten Christen ein
anderes Verständnis vom „Doppelgebot der Liebe“ – Liebe zu Gott und zum Nächsten – das
die Islam-Gelehrten anführen. Grundlage für Christen sei die Liebe Gottes, die sich in Christus
und im Bund mit Israel zeige.
Kein gemeinsames Beten mit Nichtchristen
Huber setzte sich auch mit Kritik an der Handreichung des Rates der EKD „Klarheit und gute
Nachbarschaft“ auseinander. Er wendet sich unter anderem gegen eine vom Vorsitzenden des
Interkulturellen Rats in Deutschland, Pfarrer i. R. Jürgen Micksch (Darmstadt),
herausgegebene Veröffentlichung, indem jüdische, muslimische und christliche Autoren das
EKD-Papier scharf kritisieren. Huber verteidigt die Auffassung, dass gemeinsames Beten von
Christen und Anhängern anderer Religionen aus theologischen Gründen nicht möglich sei.
Allerdings befürworte das EKD-Dokument eine „respektvolle Teilnahme am Gebet der jeweils
anderen Religion“.
Mission heißt nicht Missionierung
Huber weist auch Einwände an Aussagen zur Mission zurück. Die Kritiker gingen von einer
bedrängenden „Missionierung“ aus. Dies sei jedoch nicht das Verständnis der EKD. Danach
müsse Mission einladend und demütig geschehen. Das habe nichts mit Indoktrination zu tun.
Huber weist auch die Forderung zurück, dass dem Verzicht auf die Judenmission ein Verzicht
auf Mission unter Muslimen folgen müsse. Das Verhältnis zwischen Christen und Juden müsse
in seiner Einzigartigkeit bewahrt und weiterentwickelt werden. Eine „Ökumene“ zwischen den
drei Religionen könne es nicht geben. Ein ökumenischer Dialog sei nur auf der Grundlage des
gemeinsamen Bekenntnisses zu Jesus Christus möglich.
„Rom“ erwies keinen guten Dienst
Im Blick auf das Verhältnis zur römisch-katholischen Kirche setzt sich der
EKD-Ratsvorsitzende kritisch mit einem Vatikan-Papier auseinander, das erneut den
reformatorischen Kirchen die volle Anerkennung versagt. Der Vatikan spricht lediglich von
„kirchlichen Gemeinschaften“. Damit habe „Rom“ dem Miteinander keinen guten Dienst
erwiesen. Statt einer Kultur des wechselseitigen Respekts stelle man immer wieder eine
Tendenz fest, allein die römisch-katholische Gestalt des christlichen Glaubens als normativ
anzusehen und die evangelische als defizitär zu behandeln.
Christliche Schüsseltexte sammeln
Für den ökumenischen Dialog macht Huber konkrete Vorschläge. Zum gemeinsamen
Bekennen und zur Förderung der Spiritualität sollte eine Sammlung von christlichen
Schlüsseltexten erstellt werden. Außerdem sollte man sich über den Gottesdienst und das
gemeinsame Abendmahl verständigen und eine gemeinsame Interpretation der Reformation
vornehmen. Dies erscheine im Vorfeld des 500jährigen Reformationsjubiläums im Jahr 2017
unerlässlich. Auch sollten die Kirchen weiterhin zu gesellschaftlichen Fragen möglichst mit
einer Stimme sprechen.
Kreationisten und Atheisten: Falscher Ansatz
Gemeinsam herausgefordert sei man unter anderem in Fragen der Familie und der Bioethik, in
der Debatte um Evolution und Schöpfungslaube sowie im Blick auf einen neuen
kämpferischen Atheismus. Huber erteilt sowohl dem „Kreationismus“ (Schöpfungslehre) eine
Absage, der wolle, dass an Schulen nicht nur Evolution, sondern auch eine biblische
Weltanschauung unterrichtet werde, wie auch einem kämpferischen Atheismus, wie ihn der
britische Evolutionsbiologe Richard Dawkins (Autor des Buches „Der Gotteswahn“) vertritt.
Beide Positionen unterschieden nicht zwischen Glauben und Wissen, so Huber. Dem
ideologischen Missbrauch des christlichen Schöpfungsglaubens durch den Kreationismus und
dem Konzept des „Intelligenten Design“ entspreche spiegelbildlich ein Missbrauch, der meine,
aus Einsichten der Naturwissenschaft eine Leugnung Gottes ableiten zu müssen. Huber:
„Weder ist die Bibel ein Naturkundebuch, noch vermag die Naturwissenschaft Aussagen über
Gott zu machen. Huber plädiert für interdisziplinäre Unterrichtsprojekte. Allerdings wäre es
nach seiner Auffassung eine didaktische Fehlleistung, wenn als Ergebnis herauskäme: „Darwin
beweist, dass es Gott nicht gibt“ oder „Gott beweist, dass Darwin Unrecht hat.“