21.10.2007
Türkei: Priester-Mörder posiert im Gefängnis als Held
Ankara/Türkei, 05.10.2007 (KAP) Der Mörder des katholischen Priesters Andrea Santoro ist im
Gefängnis von Trabzon in Heldenpose mit der türkischen Fahne fotografiert worden. Wie die
türkische Presse am 5. Oktober berichtete, schickte der noch minderjährige Mörder die Bilder
aus der Haftanstalt an seine Familie. Der Vater habe eines davon an seinem Arbeitsplatz
aufgehängt. Die Fotos zeigen den jugendlichen Täter laut Bericht lächelnd mit einer großen
türkischen Flagge. Die Aufnahmen erinnern an ähnliche Bilder, die Polizisten von dem
mutmaßlichen Mörder des armenischen Journalisten Hrant Dink machten.
Die Aufnahmen lösten heftige Kritik aus. "Ein Ermittlungsverfahren muss eröffnet werden, um
zu untersuchen, wie es dazu kommen konnte", forderte der frühere Vorsitzende der
Anwaltskammer Istanbul, Yücel Sayman. Der Politikwissenschaftler Tanil Bora kritisierte, mit
der Verherrlichung rechtsradikaler Mörder werde im Land ein "Lynch-Klima" geschaffen. Der Rechtsanwalt Erdal Dogan, der die Hinterbliebenen von Hrant Dink vertritt, sagte, solche Bilder
hetzten gegen Minderheiten.
"Was ist an einem Priester so besonders?"
Der Vater des Santoro-Mörders kritisierte unterdessen das gegen seinen Sohn verhängte Urteil
als unverhältnismäßig und kündigte an, er werde den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof
anrufen. "Wenn (mein Sohn) einen Mufti erschossen hätte, wäre er nach drei Jahren wieder raus
gewesen", wird Hikmet A. in den Medien zitiert: "Was ist denn an einem Priester so
besonders?"
Der Oberste Berufungsgerichtshof der Türkei hatte am Donnerstag die Verurteilung des
minderjährigen Ohuzan Akdil zu 18 Jahren und 10 Monaten Haft bestätigt. Davon muss er nach
Meinung von Experten voraussichtlich acht Jahre absitzen.
Akdil hatte den katholischen Priester Andrea Santoro im Februar 2006 in seiner Kirche in
Trabzon erschossen. Motiv war vermutlich die verbreitete Angst vor angeblichen christlichen
Missionierungsversuchen in der Türkei.
Quelle: Katholische Presseagentur Kathpress (KAP), Wien/Österreich