05.09.2007
Vietnam: Ausländische Webseite soll nicht über Dissidentenprozesse berichten
IGFM: Objektive Berichte über politische Prozesse werden abgestraft
Vietnam: Ausländische Webseite soll nicht über Dissidentenprozesse berichten
IGFM: Objektive Berichte über politische Prozesse werden abgestraft
Hanoi-Frankfurt/M (21. August 2007) – Vietnamesische Staatsmedien haben am 17. August
eine Schmähkampagne gegen die Intellasia.com gestartet. Die unabhängige Webseite, die von
zwei australischen Bürgern auf einem Server in den USA betrieben wird, soll illegal in Vietnam
recherchiert und den vietnamesischen Staat verleumdet haben. Die Internationale Gesellschaft
für Menschenrechte (IGFM) betrachtet Intellasia.com als eine seriöse Webseite, die sich
hauptsächlich mit wirtschaftlichen und gelegentlich mit politischen Nachrichten beschäftigt.
Ihre Beiträge über Prozesse gegen Dissidenten im Lande, die ihr nun zum Verhängnis geworden
sind, waren sachlich neutral geschrieben. Die IGFM geht davon aus, dass den
propagandistischen Angriffen auf die missliebige Webseite – wie in der Sozialistischen
Republik Vietnam üblich - bald staatliche Repressalien, wie Strafgelder, Lizenzentzug,
Berufsverbote für Mitarbeiter etc. folgen.
Der vietnamesische Staat versuche, unabhängige Medien einzuschüchtern und eine
regierungskonforme Berichtserstattung zu diktieren, kritisiert die IGFM. Bei der Verhandlung
zwischen der EU und Vietnam über den Beitritt in die Welthandelsorganisation (WTO) hatte die IGFM sich für einen freien und beidseitigen Austausch von Informationen und Kulturgütern mit
Vietnam eingesetzt. Es kann nicht sein, dass Vietnam einerseits seine Propagandazeitungen frei
in die EU exportieren dürfe, andererseits seine Bürger wegen Lesens von europäischen Schriften
über Menschenrechte bestraft, so die IGFM.
Wortführer der Schmähkampagne gegen Intellasia.com ist die Zeitung „An ninh Thu do“
(„Hauptstadtssicherheit“), die vom Ministerium für Polizei herausgegeben wird. Die
Polizeizeitung fordert weiterführende Maßnahmen als nur das Verhängen von Strafgeldern. Sie
behauptet, Intellasia.com veröffentliche „viele verzerrte und reaktionäre Beiträge über Politik,
Menschenrechte und Demokratie in Vietnam“. Als Beispiel zeigte sie Abbildungen von drei
Berichten über Dissidentenprozesse. Intellasia.com sei ein Produkt von der seit 2002 in Vietnam
registrierten GmbH „Tri Tue A Chau“ (Intelligenz Asiens). Direktorin der Webseite sei die Frau
des australischen Betreibers, Peter J. Leech. „Beiträge mit antivietnamesischen Inhalt würden
von Peter Leech persönlich ausgewählt und auf die Webseite gesetzt“, schrieb die Zeitung.
Abnehmer seien rund 100 Unternehmen, Finanzagenturen und Botschaften. Wegen „Angebot
von Informationsdienstleistungen durch Website ohne Genehmigung für Presseaktivitäten“
haben die vietnamesischen Sicherheitsbehörden in Hanoi seit Anfang Juli 2007 gegen die Firma
ermittelt.
Peter J. Leech betont, dass zwischen seiner Website und der Firma seiner Frau keine rechtliche
Verbindung bestehe, und Vietnam weder ein Recht auf seine Website noch auf den Inhalt
irgendeiner anderen Webseite von ausländischen Bürgern habe. Er beklagt, dass er und die 14
Mitarbeiter in den letzten sechs Wochen von der Polizei verhört und schikaniert worden seien.
Laut Leech habe die Website immer versucht, ein faires Bild über die Geschehnisse in Vietnam
zu veröffentlichen. Die Redaktion habe ihre Artikel über die Prozesse von Dissidenten anhand
von Meldungen renommierter Presseagenturen wie AFP, AP, AAP, Reuters publiziert. Leech
stellte fest, dass seine Website seit Jahren so arbeitet, aber erst jetzt – nach dem Beitritt Vietnam
in die WTO - Probleme mit der vietnamesischen Regierung bekommt.
„Der vietnamesischen Regierung ist es seit langem ein Dorn im Auge, wenn ausländische
Medien über Prozesse gegen Dissidenten anders als die Staatsmedien in Vietnam berichten“, so
IGFM-Asienreferent Vu Quoc Dung. Im Februar rief der vietnamesische Außenminister die
Massenmedien im Land auf, ein positives Image von Vietnam zu vermitteln. Im März hatte
Vietnam die Arbeitsgenehmigung des BBC-Reporters Bill Hayton nicht verlängert. Hayton hatte
sich zuvor mit Dissidenten getroffen und kritisch über deren Verfolgung berichtet. Ausländische
Reporter in Vietnam müssen eine Genehmigung beantragen, wenn sie einen politischen Prozess
beobachten wollen. In der Regel wird ihnen die Gerichtsberichterstattung verwehrt. In einzelnen
Fällen durften westliche Journalisten Prozesse in einem Nebenraum über den Fernseher
verfolgen. „Die Angriffe auf Intelasia.com sind ein Warnsignal für zahlreiche vietnamesische
Mitarbeiter von ausländischen Medien und Firmen in Vietnam“, so Dung.
Weitere Informationen unter
www.menschenrechte.de