15.09.2007
Deutschland: Der Koran und das Strafrecht
Von Christian Rath
Hamburg/Deutschland, 02.09.2007 (KSTA/APD) Muss das Strafrecht gegenüber religiös
motivierten Tätern „zurückweichen“? Dies scheint ein Bescheid der Staatsanwaltschaft
Hamburg nah zulegen, den Islamkritiker derzeit gern zitieren. Anlass war eine Strafanzeige
einer Frau namens Jutta S., die Justiz möge gegen die „Verbreitung des Korans“ in Deutschland
vorgehen. Denn er rufe zum Mord an Ungläubigen auf.
Die wegen ihrer scharfen Islamkritik umstrittene Internetseite „Politically Incorrect“ machte die
Antwort der Hamburger Staatsanwaltschaft, die aus dem Juni 2006 stammt, im August
öffentlich. In dem Bescheid von Oberstaatsanwältin Dr. Kühne heißt es wenig überraschend, die
Verbreitung des Korans sei von der Religionsfreiheit gedeckt. Am Ende findet sich jedoch ein
Absatz, der für Empörung sorgte: Die Pflicht des Staates, die Religionsfreiheit zu beachten,
müsse „zu einem Zurückweichen des Strafrechts führen, wenn der konkrete Konflikt zwischen
einer nach allgemeinen Anschauungen bestehenden Rechtspflicht und einem Glaubensgebot den
Täter in eine seelische Bedrängnis bringt, der gegenüber sich die kriminelle Bestrafung als eine
übermäßige und daher seine Menschenwürde verletzende soziale Reaktion darstellen würde.“
Heißt das, dass ein Moslem nicht belangt werden kann, wenn er es für seine religiöse Pflicht
hält, einen Ungläubigen zu töten? Mehr als 200 Protest-Mails gingen bei der Staatsanwaltschaft
ein. Sie übersehen allerdings das entscheidende Detail: Das Strafrecht muss nur zurücktreten,
wenn eine Sanktion „übermäßig“ wäre. Wer einen Andersdenkenden tötet, hat
selbstverständlich keinerlei Strafrabatt zu erwarten.
Das Zitat der Staatsanwältin stammt ursprünglich vom Bundesverfassungsgericht und von 1971.
Es ging damals um eine strenggläubige Christin, die starb, weil sie nach einer Geburt mit viel
Blutverlust lieber beten wollte als in die Klinik zu gehen. Ihr gläubiger Mann wurde zu einer
Geldstrafe verurteilt, weil er nicht versucht hatte, seine Frau umzustimmen. Das
Bundesverfassungsgericht hob diese Strafe wegen der Religionsfreiheit auf.
Quelle: Kölner Stadtanzeiger (KSTA), Köln/Deutschland