12.12.2008
Indonesien: „Blasphemie“auf Maluku führt zu gewalttätigen Übergriffen
AKREF/JJ - 12.12.2008 - Am 9. Dezember führten Gerüchte, dass Welhelmina Holle, ein christlicher Lehrer der SD Masohi Grundschule, durch eine Äußerung beim Nachhilfeunterricht für einen Schüler der sechsten Klasse den Islam „beleidigt“ hätte, zu Ausschreitungen. Masohi liegt etwa 120 km östlich von Ambon auf der Insel Seram in der ostindonesischen Provinz Zentral Maluku.
Wie die Zeitung Jakarta Post schreibt, berichtete der Schüler seinen Eltern, was die Lehrerin gesagt hätte. Daraufhin verbreitete sich die Nachricht über die angebliche Blasphemie in der gesamten islamischen Gemeinde des Ortes. Die Ortsgruppe des Indonesischen Ulema Rates (UIC) erstattete Anzeige bei der Polizei. Bereits um 08.30 am Morgen kam es zu einer Demonstration von etwa 500 Moslems vor der Schulbehörde von Masohi. Eine halbe Stunde später zogen die Demonstranten weiter zur Polizeidirektion für Zentral Maluku, die nur etwa 500 m entfernt liegt und wollte den Polizeichef sprechen, um die Entlassung des Lehrers zu fordern. Nachdem die Demonstranten erfahren hatten, dass der Polizeichef auswärts war, zerstreuten sie sich. Doch es kam zu Zusammenstößen zwischen einer Gruppe von Moslems und der Polizei, andere begannen, Steine zu werfen und die Ausschreitungen breiteten sich rasch aus.
Zwei Kirchen, eine Ambulanz und über 60 Privathäuser oder Wohnungen wurden angezündet. In einem Busbahnhof wurden vier öffentliche Transportfahrzeuge und ein Motorrad in Brand gesteckt. Mindestens sechs Personen mussten mit Verletzungen ins Krankenhaus, zwei davon befinden sich in kritischem Zustand.
Schließlich wurden etwa 400 Mann Bereitschaftspolizei und Soldaten als Verstärkung angefordert und die Ruhe wurde wieder hergestellt. Ein Polizeisprecher berichtete laut Jakarta Post, dass viele Bewohner Schutz in einer Kaserne gesucht hatten. Der beschuldigte Lehrer ist in Polizeihaft. Er wird des Verstoßes gegen Artikel 156 des Strafgesetzes wegen Blasphemie angeklagt. Im Falle eines Schuldspruchs drohen ihm bis zu 15 Jahre Haft, einer der Anführer der gewalttätigen Übergriffe, Asmara Wasahua, der Vorsitzende des Kommunikationsforums der Moslems von Zentral Maluku wird wegen Aufforderung zu kriminellen Handlungen (Artikel 161 und 162 StGB) angeklagt. Er wurde bei der Aufwiegelung der Demonstranten gefilmt.
Maluku, wo es zwischen 1999 und 2001 zu gewalttätigen Ausschreitungen zwischen Anhängern der verschiedenen Religionsgemeinschaften und einem islamischen Jihad gekommen war, ist relativ ruhig, seit im Februar 2002 ein Friedensabkommen („Moluccas Agreement of Malino“) unterzeichnet wurde. Zuvor hatten Mitglieder von Laskar Jihad von der Insel Java und andere auswärtige islamische Kämpfer schreckliche Gewalttaten verübt. Sie waren nach Maluku gekommen, um „den Islam zu verteidigen“. Nach der Vertreibung der auswärtigen Kämpfer waren die lokalen Moslems und Christen in der Lage, sich zu versöhnen und den Wiederaufbau voranzutreiben. Sidney Jones von der International Crisis Group meint, dass der Friede wahrscheinlich gewahrt werden kann, solange sich die militanten Islamisten aus Java von Maluku fernhalten. Viele Menschen in Maluku haben sich nach dem Zwischenfall vom 9. Dezember dahingehend geäußert, dass sie ein Aufflammen der Gewalttätigkeiten wie in den Jahren 1999 - 2001 nicht wieder erleben wollen.
Quelle: WEA-RLC