13.01.2011
Pakistan: Islamisten versuchen Papst zum Schweigen zu bringen
Weitere Proteste gegen Rom für Freitag angekündigt Von Michaela Koller
Pakistan: Islamisten versuchen Papst zum Schweigen zu bringen
Weitere Proteste gegen Rom für Freitag angekündigt
Von Michaela Koller
ROM/ ISLAMABAD 13. Januar 2011 (ZENIT.org).- Radikale Muslime in Pakistan organisieren derzeit wütende Proteste gegen die Ansprache Papst Benedikt XVI. vom Montag beim traditionellen Neujahrsempfang für die Diplomaten am Heiligen Stuhl. Das katholische Oberhaupt hatte dabei an Pakistan appelliert, die Blasphemiegesetze abzuschaffen. Seitens der katholische Kirche ist diese Forderung jedoch keineswegs neu: Bereits im Mai 1998 hatte der Kampf gegen die Bestimmungen den katholischen Bischof von Faisalabad John Joseph derart in die Verzweiflung getrieben, dass dieser sich auf offener Straße erschoss.
Eine unverhohlene Drohung sprach am Dienstag Liaquat Baloch, Generalsekretär der pakistanischen Partei „Jamaat-e-Islami", aus: Die Äußerung des Papstes sei geeignet, ,, die ganze Welt in einen blutigen Krieg zu stürzen". Seine Forderung sei „ungesund und ein Handlungsschema, um die Sicherheit der christlichen Minderheit Pakistans zu gefährden", wird der islamistische Politiker von der Nachrichtenagentur AsiaNews zitiert.
Baloch kündigte zugleich an, seine Partei werde solange weiter protestieren, bis die Beibehaltung der Blasphemie-Gesetze gesichert sei. Der Mörder von Salman Taseer, Mumtaz Qadri, genieße in der gesamten Nation Rückhalt und „stolze und ehrenwerte" Anwälte arbeiteten an dessen Freilassung. Der Gouverneur des Bundesstaates Punjab war Anfang Januar von seinem Leibwächter erschossen worden, weil er sich für eine Änderung der Blasphemie-Gesetze einsetzte.
Premierminister Yousaf Raza Gilani schloss eine Neuerung der Regelungen kategorisch aus. Religionsminister Khursheed Shah unterstützt ihn in dieser Haltung. Ein muslimischer Führer, der sich gegenüber AsiaNews äußerte, aber nicht genannt werden will, bestätigte, dass jeglicher Versuch, die Bestimmungen zu ändern, zu Verwirrung in der Gesellschaft führe. Pakistan ist offenbar tief gespalten in Gegner und Befürworter der Gesetze. Kritiker sehen diese als Instrumentarium, um unliebsame Personen konkurrierender religiöser Überzeugungen mit Hilfe der Gummiparagraphen zu kriminalisieren und politisch oder gar physisch auszuschalten.
Bilawal Bhutto Zardari, Chef der regierenden Pakistan People's Party (PPP), verurteilt Gewalt im Namen des Islam und fordert Sicherheit für die Minderheiten des Landes. Für den Sohn der ermordeten früheren Premierministerin Benazir Bhutto und des derzeitigen Präsidenten Ali Zardari sind diejenigen, die den Mord an dem Gouverneur feiern, die wahren Gotteslästerer. Scharfe Kritik zieht er jedoch seitens der Tochter des Mordopfers, Shehrbano Taseer, auf sich, weil er seine Partei nicht auf eine Linie gegen die Blasphemie-Gesetze bringen kann. Seit den Demonstrationen Radikaler gegen die wegen Blasphemie zum Tode verurteilte Asia Bibi ist die Partei von ursprünglichen Änderungsplänen abgerückt.
Bischof Rufin Anthony von Islamabad-Rawalpindi, sagte gegenüber AsiaNews, die Regierung werde ganz klar durch religiöse Parteien unter Druck gesetzt. Sie habe sich bezüglich der Gesetzesneuerung um 180 Grad gedreht. „Es gibt eine klare Meinungsverschiedenheit unter den Mitgliedern der Pakistan People's Party." Für den muslimischen Intellektuellen Babar Ayaz muss eine wahrhafte Demokratie säkular sein. Niemand dürfe einem anderen Menschen sein Denken aufzwingen. Daher sei volle Religionsfreiheit notwendig, eine Überzeugung, die er mit Papst Benedikt XVI. teilt.
Das pakistanische islamische Netzwerk „Tehrik Tahaffuz Namoos-i-Risalat (TTNR)" (Allianz zum Schutz der Ehre des Propheten) kündigte für den 14. Januar im Anschluss an das muslimische Freitagsgebet landesweite Protestkundgebungen gegen Papst Benedikt XVI. an, wie der Fidesdienst am Donnerstag meldet. Man wird insbesondere gegen die Forderung des Papstes nach Aufhebung des Gesetzes gegen Blasphemie in Pakistan in seiner Ansprache an das Diplomatische Korps am 10. Januar 2011 protestieren. TTNR ist ein Netzwerk radikaler islamischer Bewegungen und Parteien, das im Zusammenhang mit dem Fall Asia Bibi entstand.