04.10.2011
Ägypten: Brandanschlag auf koptische Kirche
Anwesende Sicherheitskräfte griffen nicht ein
Frankfurt am Main (4. Oktober 2011) - Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) berichtet, dass am vergangenen Freitag (30. September 2011) die im Bau befindliche koptische Georgskirche im Dorf Elmarinab in Edfu, Provinz Assuan, nach dem Freitagsgebet von radikalen Muslimen angegriffen wurde. Anwesende Sicherheitskräfte griffen nicht ein, die Feuerwehr wurde daran gehindert in das Dorf zu gelangen und den Brand zu löschen.
In den vergangenen Wochen entbrannte ein erbitterter Streit zwischen Kopten und Muslimen, ob es sich bei dem Gebäude überhaupt um eine Kirche handelte, oder lediglich um ein "Gästehaus". Der Gouverneur von Assuan, Mustafa el-Sayed, bestritt am vergangenen Samstag im ägyptischen Fernsehen, dass es überhaupt eine Kirche in Edfu gebe und dass er jemals die Genehmigung zu dem Kirchenneubau erteilt habe. Kirchenvertreter konnten jedoch eine Baugenehmigung aus dem Jahr 2010 mit der Unterschrift des Gouverneurs vorlegen.
Der Neubau der Georgskirche war bereits Mitte September Anlass für heftige Konflikte in Elmarinab. Muslime protestierten vor allem gegen die Kuppeln der Kirche, hinderten koptische Einwohner daran, ihre Häuser zu verlassen und drohten damit, die Kirche niederzureißen, wenn die Kuppeln nicht entfernt würden. Am 30. September eskalierte die Situation schließlich, über Tausend radikale Muslime verübten einen Brandanschlag auf den Kirchenrohbau und setzten drei Wohnhäuser in Brand.
Ägyptische Medien spielen den Vorfall herunter oder leugnen ihn ganz, so berichtet etwa die liberal-demokratische Zeitung el-Wafd, dass ein Untersuchungsausschuss vergangenen Sonntag festgestellt habe, dass nie eine Genehmigung für eine Kirche in Edfu unterzeichnet wurde. Al-Masry al-Youm berichtet, dass Kopten ein Wohnhaus zu einer Kirche umfunktionieren wollten, die größte ägyptische Tageszeitung al-Ahram spricht lediglich von "Auseinandersetzungen" zwischen Christen und Muslimen in dem Dorf Elmarinab. Koptische Medien verurteilen die Position der führenden ägyptischen Medien.
Martin Lessenthin, Vorstandssprecher der IGFM, bekräftigte die Forderung der Menschenrechtsorganisation, Deutschland solle die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Ägypten an den menschenrechtlichen Fortschritten in dem Land am Nil orientieren. Außerdem forderte er Gouverneur Mustafa el-Sayed auf, öffentlich für den Bau der koptischen Kirche einzutreten. Darüber hinaus verurteilt die IGFM, dass es in Ägypten erneut Angriffe auf die Pressefreiheit gibt und fordert unabhängige Berichterstattung der Medien. Medhat Klada, Präsident der koptischen Union für Menschenrechte, machte den Militärrat für die Vorfälle verantwortlich.