17.07.2012
Libanon: Die Christen und der Konflikt in Syrien
Christen zwischen allen Stühlen
AKREF- 17.7.12 Der Libanon ist das einzige arabische Land, in dem über ein Drittel der Bevölkerung Mitglieder einer christlichen Kirche sind. Während der Konflikt im Nachbarland Syrien derzeit in muslimischen Kreisen zunehmend für Spannungen sorgt, versuchen die libanesischen Christen zu vermitteln, dass der Krieg in Syrien beendet wird. Ein Überspringen der Gewalt könnte zu fatalen Folgen im gesamten Nahen Osten führen.
Heute gab es in der Sendereihe "Tag für Tag" im DLF zu o.g. Thema folgendes zu hören:
„Der Krieg in Syrien spaltet derzeit die libanesischen Politiker in zwei Lager, erklärt der Erzbischof von Beirut Cyrill Bostros. Auf der einen Seite stehen vor allem die Schiiten: Sie sympathisieren mit den Alawiten, zu denen das syrische Regime von Bashar Al Assad gehört. Auf der anderen Seite stehen die meisten Sunniten, deren Glaubensgemeinschaften sich in Syrien bisher vom Regime unterdrückt fühlten und die jetzt dort die Macht übernehmen möchten.“
Dann ging es um den Konflikt zwischen Schiiten und Sunniten. Sie seien nur ein Teil des Problems, so der Sprecher. Er meinte; dieser Konflikt verwandle den gesamten Nahen Osten seit über einem halben Jahrhundert in ein Pulverfass und bedrohe immer wieder auch den Libanon.
Dann wurde Erzbischof Cyrill zitiert, der sagte, dass der Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern nicht zu unterschätzen sei:
"Israel fürchtet eine Allianz der Schiiten, die vom Iran über Syrien bis in den Libanon reicht. Denn bei uns im Libanon gibt es Milizen der radikal schiitische Hisbollah. Sie sind schwer bewaffnet, haben Tausende von Raketen. Und der Iran benutzt sie, um auf Israel Druck auszuüben. Die Hisbollah wird bisher im Libanon geduldet, weil Israel unser Land in der Vergangenheit mehrfach angegriffen und hier viel zerstört hat. Die israelischen Truppen halten bis heute einen Teil des südlichen Libanon besetzt. Deshalb findet die Hisbollah bei vielen Libanesen Zustimmung, wenn sie sagt, sie werde ihre Waffen nicht abgeben, solange das Problem Israel-Palästina nicht in fairer Weise gelöst ist.“
Der Erzbischof der größten libanesischen Kirche, der Maronit Camille Zaidan sprach über seine Befürchtungen:
"Wir Christen haben hier im Nahen Osten 2000 Jahre überlebt. Was derzeit auf internationalem politischem Niveau geschieht, macht mir Angst. Die USA und Europa sind dabei, in die Falle zu laufen, die der US-amerikanische Wissenschaftler Samuel Huntington aufgezeigt hat: Die Politik steuert auf einen 'Kampf der Kulturen' zu. Der Westen verhalte sich im Orient keineswegs so neutral, wie er oft behaupte, er greife immer wieder direkt oder indirekt zu Ungunsten der arabischen Länder ein.“ beklagte der maronitische Erzbischof." Libanons Christen wollen daher alles daran setzen, zwischen den Parteien zu vermitteln.
"Wir Christen stehen in den arabischen Ländern heute zwischen zwei mächtigen Gegnern. Das weist uns eine besondere Rolle zu. Wir müssen versuchen, zwischen Arabern und Israeli, dem Westen und den islamischen Kräften im Nahen Osten Brücken zu bauen. Unsere Lage ist schwierig und gefährlich. Aber ich denke, es ist unser Auftrag als Christen, den Frieden zu fördern." so der Maronit Camille Zaidan im Gespräch mit Corinna Mühlstedt vom DLF.