16.12.2017
Usbekistan: Razzien gegen Christen hören nicht auf
Religiöse Literatur in Privatwohnungen verboten, Vernichtung von Bibeln angeordnet
Am 10. November durchsuchte die Polizei in Andijan im Osten Usbekistans die Privatwohnung von Irina Stepanova, einem Mitglied der staatlich registrierten Baptistengemeinde der Stadt, ohne über einen nach dem Gesetz erforderlichen Hausdurchsuchungsbefehl zu verfügen. Die Polizeibeamten behaupteten, auf der Suche nach einer illegalen Schusswaffe zu sein, konzentrierten sich jedoch auf die Suche nach christlicher Literatur. Sie beschlagnahmten drei Bibeln, ein Liederbuch, christliche Zeitschriften, Broschüren, 22 CDs und DVDs sowie 6 Notizbücher mit Gedichten. Die Polizei leitete ein Verfahren nach Artikel 184-2 des Verwaltungsgesetzbuchs („illegale Produktion, Lagerung oder Import von religiösen Materialien mit der Absicht diese zu verbreiten oder deren tatsächliche Verbreitung durch natürliche Personen“) gegen Irina Stepanova ein. Für dieses „Delikt“ kann eine Geldstrafe zwischen 20 und 150 monatlichen Mindestlöhnen verhängt werden.
Am 19. November führten 14 Beamte verschiedener Behörden, darunter der städtischen Abteilung für die Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus, eine Razzia in der Privatwohnung von Stanislav Kim in Urgentsch durch, wo sich gerade 10 Mitglieder der nicht registrierte Baptistengemeinde zum sonntäglichen Gottesdienst versammelt hatte. Die Gottesdienstbesucher wurden gefilmt und neun von ihnen verhaftet und zwei Stunden lang auf einer Polizeistation verhört und bedroht. Christliche Bücher wurden beschlagnahmt. Nachdem eine Person bei der Befragung zugegeben hatte, christliche Bücher zu lesen, wurde auch deren Wohnung durchsucht und mehrere Bücher, darunter eine Bibel, ein Neues Testament und ein Laptop beschlagnahmt.
Hohe Geldstrafen wurden gegen einen Pastor aus Urgentsch und mehrere Personen verhängt, nachdem ihnen die Polizei nach Kungrad in der benachbarten Region Karakalpakstan gefolgt war. Dort kam es zu einer Razzia bei der von ihnen besuchten Versammlung, wobei eine Bibel und verschiedene elektronische Geräte beschlagnahmt wurden. Im Oktober verhängte das Verwaltungsgericht von Kungrad Geldstrafen in Höhe eines monatlichen Mindestlohns gegen zwei der Christen wegen des Besitzes von Literatur (Art. 184-2) und des Lehrens religiösen Glaubens ohne Fachausbildung und ohne Erlaubnis des Zentralorgans einer (registrierten) Religionsgemeinschaft und Lehrens im privaten Rahmen (Artikel 241 des Verwaltungsgesetzbuchs). Dreizehn weitere Protestanten wurden nach dem Verwaltungsgesetzbuch verwarnt. Die Vernichtung der beschlagnahmten Handys, eines Tablet und zweier christlicher Videos sowie einer Bibel wurde vom Richter angeordnet.
In der Umgebung der Hauptstadt Taschkent durchsuchte die Polizei im Bezirk Yangiyul die Wohnungen von Mitgliedern der staatlich registrierten Baptistengemeinde und beschlagnahmte Literatur, dies gerade zu der Zeit, als der UN Sonderberichterstatter für Religionsfreiheit Ahmed Shaheed das Land besuchte. Gegen drei Betroffene der Hausdurchsuchung wurden inzwischen Geldstrafen verhängt. Pastor Fatkhulla Ibrahimov und seine Frau Nargiza Ibrahimova sollen je 50 monatliche Mindestgehälter bezahlen, da ihnen neben dem Besitz und der Verbreitung von Literatur auch Missionstätigkeit vorgeworfen wird. Die gegen die dritte Person verhängte Geldstrafe entspricht zwei monatlichen Mindestlöhnen. Weiters verfügte der Richter die Vernichtung der beschlagnahmten Bücher und sonstigen Materialien der Baptistengemeinde.
Weitere Verfahren gegen Christen in verschiedenen Regionen bzw. aufgrund der oben beschriebenen Razzien und Hausdurchsuchungen sind angedroht oder wurden bereits eingeleitet.
Quelle: Forum 18, Oslo
Deutsche Fassung: Arbeitskreis Religionsfreiheit der ÖEA