04.04.2019

Deutschland: Über den "Glaubenstest"

Bischof Abromeit: Glaubenstests sind „Angriff auf das Grundgesetz“ Kritik am Umgang der Behörden mit konvertierten Flüchtlingen

Greifswald (idea) – Als „Angriff auf das Grundgesetz“ hat der Bischof im Sprengel Mecklenburg und Pommern der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche), Hans-Jürgen Abromeit (Greifswald), die Prüfung des Glaubens von Asylbewerbern durch Gerichte bezeichnet. Abromeit äußerte sich am 4. April in Greifswald auf der Fachtagung „Integration und Konversion. Taufen muslimischer Flüchtlinge als Herausforderung für Kirchen, Staat und Gesellschaft in Deutschland und Europa“. Dabei kritisierte er den Umgang deutscher Gerichte mit zum Christentum konvertierten Asylbewerbern: „Richter verlangen im Asylverfahren, den Glauben an Jesus Christus in einer Art Glaubenstest zu beweisen. Damit werden Menschen, die vom Islam zum Christentum konvertieren, unter Generalverdacht gestellt.“ Gewissensprüfungen dieser Art unterwanderten die grundgesetzlich verankerte Trennung von Staat und Kirche und stellten die Religionsfreiheit infrage. Wie Abromeit weiter sagte, haben nur die Kirchen das Recht, festzustellen, wer nach ihren Grundsätzen zu ihnen gehört. „Das Recht des staatlichen Eingriffes beschränkt sich darauf, offensichtlichen Missbrauch aufzudecken.“ Den dazu anzuwendenden Methoden seien enge Grenzen gesetzt. „Auf keinen Fall kann der Staat Glauben überprüfen oder die Praktizierung der Religionsfreiheit einschränken.“

Missverständnis von Religion als Privatsache

Seit 2015 hätten viele Kirchengemeinden in Mecklenburg-Vorpommern Flüchtlinge willkommen geheißen, sagte Abromeit. Die Offenheit und Herzlichkeit dieser Begegnungen habe auf viele Zuwanderer eine überraschende Wirkung gehabt: „Sie fühlten sich bedingungslos angenommen.“ Dies habe einer Reihe von ihnen den Weg zum christlichen Glauben geebnet. Einige Gemeinden hätten sich auf Flüchtlinge aus muslimischen Ländern eingestellt und übersetzten etwa Lesungen, Liturgie und Predigten auf Farsi. „Viele Christen engagieren sich auch als Paten für ihre neuen Geschwister.“ Abromeit wies auf die Lebensgefahr hin, die für Menschen aus dem Iran oder Afghanistan bestehe, wenn sie nach einer Konversion zum Christentum in ihre Herkunftsländer zurückgeschickt würden: „Von einem Richter hörte ich das Argument, dass dem getauften Asylsuchenden aus dem Iran bei einer Abschiebung doch keine Gefahr drohe: Schließlich könne er sich doch nach außen hin muslimisch geben und seinen christlichen Glauben für sich leben. Das ist beileibe keine Einzelmeinung, sondern dem modernen Missverständnis von Religion als Privatsache geschuldet.“