09.12.2020
Äthiopien: Hilfe für Brüder International ruft zum Gebet auf
Auch die Christen sind im Konflikt um die Region Tigray gespalten. Der Konflikt hat keine religiösen Gründe, könnte aber wohl Konsequenzen im Umgang der Christen untereinander haben.
Äthiopien: Hilfe für Brüder International ruft zum Gebet auf
Addis Abeba (idea) – Das evangelikale Werk „Hilfe für Brüder International“ (Stuttgart) hat zum Gebet für die Menschen in der nordäthiopischen Region Tigray aufgerufen. Der Projektleiter für Ostafrika, Tobias Messner (Stuttgart), äußerte sich gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur idea besorgt über die aktuelle Lage. Messner – er ist mit einer Äthiopierin verheiratet und lebte dort insgesamt elf Jahre – fürchtet auch Konflikte unter Christen. Zum Hintergrund: Die äthiopische Regierung hatte vor rund einem Monat eine militärische Offensive gegen die Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF) in der überwiegend christlich-orthodoxen Region gestartet. Auslöser des Konflikts sind Spannungen zwischen der TPLF und der Zentralregierung. Die TPLF hatte Äthiopiens Regierung mehr als 25 Jahre lang dominiert und war durch den Amtsantritt des derzeitigen Ministerpräsidenten und bekennenden Christen Abiy Ahmed 2018 verdrängt worden. Die Volksbefreiungsfront erkennt den 44-Jährigen nicht an. Aktuell sollen laut UN-Angaben allein 47.000 Menschen in den Sudan geflohen sein.
Christen kämpfen gegen Christen
Obwohl die Offensive seit dem 6. Dezember offiziell für beendet erklärt ist, ist es unklar, was derzeit in dem Gebiet genau passiert. Wie Messner idea berichtet, sind die Telefonverbindungen und das Internet blockiert. Er fürchtet, dass es zu Guerillakämpfen kommen könnte, sollte der Konflikt nicht bald beendet werden. Auch die Christen in dieser Region seien involviert und kämpften auf beiden Seiten. Tatsächlich spiele der christliche Glaube im Konflikt selbst aber keine Rolle. Auch seien die TPLF-Machthaber eher Postkommunisten oder Atheisten als Anhänger des Christentums. Trotzdem befürchtet der Projektleiter, die Spannungen in Tigray könnten dazu führen, dass der Ärger über den Konflikt auch in den Kirchen Äthiopiens zu Anfeindungen gegen Mitglieder tigrinischer Herkunft führen könnte. Einige Tigriner hätten aufgrund ihres ethnischen Hintergrunds jahrelang von den gegebenen Machtstrukturen profitiert. Nun könnten Teile der äthiopischen Bevölkerung im Zuge des gegenwärtigen Konflikts ihren Ärger darüber an Tigrinern auslassen, auch wenn Ahmed betont habe, dass die militärische Offensive nicht gegen die Bevölkerung gerichtet gewesen sei. Aus Sicht Messners sind daher Vergebung und Versöhnung zwischen den Ethnien dringend nötig. Er sei zuversichtlich, dass die christlichen Gemeinschaften sich durch Gebet und praktischen Einsatz für Frieden und ein gutes Miteinander für ihr Land einsetzten. Tatsächlich seien die äthiopischen Christen hingebungsvolle Beter: „Mögen die Gebete für Frieden erhört werden!“
Bischofskonferenz: Konflikt nicht das einzige Problem Tigrays
Indes hat die katholische Bischofskonferenz in Äthiopien darauf hingewiesen, dass der Konflikt nicht das einzige Problem der Region ist. Ihr Generalsekretär, Teshome Fikre, sagte dem vatikanischen Nachrichtendienst Fides, dass Überschwemmungen und eine Heuschreckenplage vor allem in der umkämpften Region einen Großteil der Ernte vernichtet hätten. Die Corona-Pandemie habe diese Krise noch zusätzlich verschärft. Von den rund 112 Millionen Einwohnern des Vielvölkerstaates Äthiopien mit über 100 Ethnien sind rund 44 Prozent äthiopisch-orthodox, 34 Prozent muslimisch und 19 Prozent evangelisch.
(idea/08.12.2020)